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Gedenkfeier für Gert Hübner (1962–2016)

Die Universität Basel nimmt Abschied von Prof. Gert Hübner, Professor für Germanistische Mediävistik. Die öffentliche akademische Gedenkfeier findet am 14. Oktober 2016 in der Peterskirche statt.

20. September 2016

Gert Hübner wurde 2009 als Professor für Germanistische Mediävistik im Europäischen Kontext an die Universität Basel berufen. Die Universität verliert einen renommierten Wissenschaftler, einen überaus geschätzten Kollegen und einen inspirierenden akademischen Lehrer, der den Studierenden die deutschsprachige Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit mit Scharfsinn und Humor nahezubringen wusste.

Prof. Dr. Gert Hübner (1962–2016)
Prof. Dr. Gert Hübner (1962–2016)

Gert Hübner studierte Geschichte und Germanistik, später auch Allgemeine Rhetorik und Philosophie an der Universität Bamberg. Mit der Dissertation «Frauenpreis» über die Funktion des Frauenlobs im Minnesang wurde er 1996 an der Universität Tübingen promoviert. Aus der Beschäftigung mit der mittelalterlichen Liedkunst erwuchs auch die Monographie «Lobblumen» (2000), die sich mit dem sogenannten «geblümten Stil» auseinandersetzte. Sein drittes Buch, die Habilitationsschrift «Erzählform im höfischen Roman» (2003) wandte sich der höfischen Klassik zu, deren Versromane er narratologisch untersuchte.

Mit der Fokussierung auf die erzählerische Vermittlung sowie der Anwendung und Weiterentwicklung des vom französischen Literaturwissenschaftler Gérard Genette geprägten Analyseinstrumentariums erschloss er der Germanistischen Mediävistik ein noch weitgehend neues Feld und trug wesentlich zur Etablierung der Historischen Narratologie bei. Die Liedkunst verlor er dabei aber nicht aus dem Blick, sondern untersuchte in mehreren Aufsätzen das Œuvre von Lyrikern des 14.–16. Jahrhunderts. Damit verfasste er Pionierarbeiten, denn die Lyrik dieses Zeitraums war sowohl von der neueren als auch der älteren Literaturwissenschaft kaum untersucht worden. Dass dieses Feld inzwischen in Grundzügen interpretatorisch erschlossen ist, bleibt eines seiner bleibenden Verdienste.

2004 wurde Gert Hübner Dozent und 2008 ausserplanmässiger Professor an der Universität Leipzig. In diese Zeit fällt die Beschäftigung mit der mittelalterlichen Versnovellistik und der frühneuzeitlichen Schwankliteratur. Aus der Arbeit mit Versnovellen und Schwänken resultierte auch seine Auseinandersetzung mit dem historischen Begriff von Klugheit und Rationalität.

Seit seiner Berufung an die Universität Basel weitete Gert Hübner seine Forschung zu einer generellen Diskussion des mittelalterlichen Begriffs von Dichtung aus, den er im mittelalterlichen Wirklichkeitsbegriff neu verortete. Im Zuge dieser Ausweitung erschloss er sich weitere neue Gebiete, so die althochdeutsche und frühmittelhochdeutsche Literatur oder lateinische Autoren wie Gregor von Tours. Neu traten auch Text-Bild-Relationen in sein Blickfeld. Vieles bleibt jetzt, nach seinem zu frühen Tod, unvollendet zurück, aber vieles und Bedeutsames hat er dem Fach, den Kolleginnen und Kollegen und seinen Schülerinnen und Schülern hinterlassen.

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