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Unisonar S6|EP4: Sexualität und Politik

Logo Unisonar Staffel 6 Bild George Paul Meiu
Prof. Dr. George Paul Meiu erzählt davon, wie die Kolonialisierung unsere Vorstellung von Geschlecht in die Welt trug (Bild: Universität Basel, Olivia Fischer/zvg).

Wie entstand unser heutiges Verständnis von Sexualität – und wie hängt es mit Kolonialismus, Kapitalismus und globaler Moderne zusammen? Der Ethnologe Prof. Dr. George Paul Meiu spricht im Podcast der Universität Basel über historische Ursprünge, gesellschaftliche Zuschreibungen und die politische Macht von Sexualität.


Ein Diskurs über Sexualität entstand erst mit dem Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert, erklärt der Ethnologe George Paul Meiu, und zwar im Zuge von Industrialisierung, Kapitalismus und Moderne. Sexualität sei heute allgegenwärtig – in Werbung, Politik und Religion – und werde als innerster Kern des Selbst verstanden. Doch diese Vorstellung sei historisch und kulturell spezifisch: «Die Annahme, dass das, was wir sexuell tun, definiert, wer wir im Innersten sind, ist eine sehr spezifische Art von Subjektverständnis.»

Diese westliche Vorstellung wurde laut Meiu durch Kolonialismus und Christianisierung weltweit verbreitet. «Die Gewalt des Kolonialismus ging mit der Verbreitung bestimmter Geschlechter- und Sexualitätsordnungen einher», so Meiu. Dabei sei das Ziel gewesen, nicht nur religiöse Rituale zu ersetzen, sondern tiefgreifend in das Alltagsleben einzugreifen – bis hin zur Kindererziehung und Beziehungsgestaltung. Doch diese Reformprojekte seien nie vollständig – sie mischten sich immer mit lokalen Traditionen.

Meiu ruft zu mehr Geduld im gesellschaftlichen Wandel auf: Veränderung geschehe nicht in grossen Revolutionen, sondern in kleinen Momenten des Alltags. Statt auf eindeutige Definitionen zu beharren, solle man Vielfalt aushalten und neue Formen des Zusammenlebens erproben. «Wenn wir aufmerksam bleiben für kleine Unterschiede, können wir lernen, anders zu leben – und neue Welten gestalten.»

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