Noch Fragen? Dieser KI-Lernbuddy hat die Antwort

Während einer Vorlesung eine Frage zu stellen kann für viele Studierende sehr unangenehm sein. Die Basler Physiker Valerii Kozin und Denis Kurlov entwickelten einen KI-Assistenten, der Abhilfe schafft. Der Chatbot gibt Auskunft und lässt keine Fragen offen.
Die Vorlesung ist in vollem Gang und plötzlich ist etwas unklar. Dies ist der Zeitpunkt nachzufragen. Was für einige Studierende selbstverständlich ist, kostet andere grosse Überwindung - sei es aus Schüchternheit oder weil sie die Zeit der Dozierenden nicht überstrapazieren möchten.
Der Basler Physiker Dr. Valerii Kozin aus der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jelena Klinovaja traute sich selbst während seiner Studienzeit nicht immer, Fragen zu stellen. Hier setzt der jüngste Stolz von ihm und seinem Kollegen Dr. Denis Kurlov an.
«Lekchat» ist ein neuer KI-gestützter Teaching Assistant, den die beiden Physiker gemeinsam entwickelt haben. Kozin und Kurlov begannen mit der Entwicklung des Tools im November 2024. Bereits nach nur wenigen Monaten Arbeit ist das KI-gestützte Onlineprogramm einsatzbereit und seit Februar 2025 öffentlich zugänglich. Lekchat ermöglicht es, während des Ansehens einer virtuellen Vorlesung direkt Rückfragen zum behandelten Stoff an die KI zu stellen, die diese in Echtzeit beantwortet – so, als würden die Studierenden sich direkt an eine Dozentin oder einen Dozenten wenden. Ziel des Projekts ist es, das Verständnis der Vorlesungsinhalte zu verbessern und detailliertere und passendere Antworten als herkömmliche KI-Chats zu gewährleisten.
Lekchat baut zudem Hindernisse im Vorlesungssaal ab. Studierende müssen sich mit ihren Fragen nicht zurückhalten und dennoch wird die Unterrichtszeit nicht unterbrochen.
Expertise hinter dem Screen
Unter dem Leitsatz «Tailored by humans, powered by AI», stehen hinter dem Projekt aber nicht nur die beiden Entwickler Valerii Kozin und Denis Kurlov. Mehrere Expert*innen, die ihr Fachwissen zu den jeweiligen Vorlesungsthemen einbringen, treiben das Projekt mit voran. Lekchat generiert seine Antworten nicht nur durch maschinelles Lernen, sondern stützt sich auf vorab geprüfte Inhalte der Fachpersonen. «Das KI-System wird für jede Lektion und jeden Kurs individuell optimiert und mit dem nötigen Vorwissen gefüttert», erklären die Physiker. So garantiert Lekchat präzise und vor allem korrekte Antworten zu den gestellten Fragen. Es fungiert als «Gehirn der Vorlesung», wie es das Team beschreibt, da die KI die Inhalte bereits kennt und nicht erst lernen muss.
Somit müssen Nutzende dem Chatbot nicht zunächst aufwendig ihr Vorwissen mitgeben, um präzise Antworten zu erhalten. Das Tool greift auf das bereits integrierte Hintergrundwissen der Fachpersonen zurück. Dies bedeutet nicht nur eine spürbare Zeitersparnis, sondern minimiert zudem die Gefahr, irreführende Antworten zu erhalten. «Die bisherigen Erfahrungen mit Lekchat zeigen, dass die Korrektheit der Antworten überwältigend ist», berichtet das Team begeistert.
Neben den Vorlesungen stellt das Programm auch zu jeder Lektion automatisch generierte Zusammenfassungen bereit. Diese generiert zwar das KI-Tool, aber die Fachpersonen überprüfen sie sorgfältig. Die Zusammenfassungen bieten nicht nur Studierenden einen Mehrwert, sondern auch Dozierende profitieren. Auch Lehrende können sich nicht alles merken, sagt Valerii Kozin. Die KI-basierten Texte fassen das fachliche Wissen der Expertinnen und Experten kompakt zusammen und machen es in strukturierter Form zugänglich.
Derzeit entwickeln Kurlov und Kozin zusätzliche Funktionen, die über Zusammenfassungen hinausgehen und den Studierenden helfen sollen, noch effizienter zu lernen. Das Projekt vereinfacht somit den Lernalltag und schafft Zeit für das Wesentliche.
Trotz allem sehen die Entwickler*innen in der Plattform keinen Ersatz für die klassische Vorlesung. «Lekchat kann keine soziale Komponente einer Vorlesung oder eine Dozentin oder Dozenten ersetzen», betont Denis Kurlov. Vielmehr soll das KI-Tool das Lernen ergänzen und dabei helfen, den Stoff besser zu verstehen. Die Expertise der Lehrenden bleibt zentral. Lekchat fungiert also als digitaler Lernbuddy und nicht als Konkurrent im Hörsaal.
Keine Grenzen gesetzt
Der KI-gestützte Assistent fungiert als «Massive Open Online Course» (MOOC), also als offener digitaler Lernraum, der darauf abzielt, hochwertige Inhalte einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Bisher ist eine Vorlesungsreihe des Nationalen Forschungsschwerpunkts «Spin Qubits in Silicon» (NCCR SPIN) auf der Plattform verfügbar. Jede Woche wird eine neue Lektion veröffentlicht, bis die Reihe vollständig ist. Was als Pilotprojekt im Departement Physik begonnen hat, soll nun stetig weiterentwickelt werden.
Geplant ist, das Programm fortlaufend zu optimieren und für weitere Fachbereiche zu öffnen. «Je mehr Fachpersonen von verschiedenen Studiengängen sich beteiligen, desto besser können wir unser Tool ausbauen», fügt Denis Kurlov hinzu.
Entwickelt haben die beiden Physiker das Tool übrigens komplett in ihrer Freizeit. «Es hat einfach Spass gemacht, ein KI-Tool mit solch einem Mehrwert zu generieren», erzählt Kurlov.