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Wie stark sich Schweizer Fliessgewässer erwärmen werden

Die neuen Erkenntnisse zur zukünftigen Erwärmung der Fliessgewässer helfen dabei, Anpassungsmassnahmen gezielter zu planen. (Foto: AbobeStock)

Bis zum Ende des Jahrhunderts werden die Wassertemperaturen der Schweizer Flüsse um bis zu 3,5 Grad ansteigen, wenn keine Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden. Besonders stark betroffen sind die Flüsse in den Alpen. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der Eawag und der Universität Basel.

15. Juli 2025 | Claudia Carle

Die neuen Erkenntnisse zur zukünftigen Erwärmung der Fliessgewässer helfen dabei, Anpassungsmassnahmen gezielter zu planen. (Foto: AbobeStock)

Der Klimawandel ist in den Schweizer Gewässern bereits deutlich spürbar: Die Gewässertemperaturen sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen und auch die Abflussmengen haben sich verändert. Das ist nicht nur ein Problem für wärmeempfindliche Wasserorganismen, sondern auch, wenn wir Menschen die Flüsse zum Beispiel zum Kühlen nutzen wollen. Was uns in Zukunft erwartet und welche Schweizer Flüsse sich besonders stark erwärmen werden, haben Forschende des Wasserforschungsinstituts Eawag und der Universität Basel in einem vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanzierten Forschungsprojekt untersucht. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Zeitschrift «Aqua & Gas» sowie als Preprint zur wissenschaftlichen Publikation.

Für die Modellierung der zukünftigen Wassertemperaturen nutzten sie die Daten der 82 vom BAFU betriebenen Abflussmessstationen. Diese unterteilten sie in fünf verschiedene Typen (siehe Grafik), für die jeweils andere Faktoren ausschlaggebend sind für die Gewässertemperatur. In alpinen Gewässern werden Abflussmenge und Temperatur zum Beispiel stark von der Schnee- und Gletscherschmelze beeinflusst. In von Quellen, also von Grundwasser gespeisten Flüssen ist die Gewässertemperatur nahezu konstant, weil das Grundwasser Schwankungen der Lufttemperatur puffert. Für jeden dieser Fliessgewässertypen liess sich so die künftige Entwicklung individuell modellieren.

Einteilung der untersuchten Abflussmessstationen in fünf verschiedene Typen: vom Grundwasser beeinflusste Flüsse («Grundwasserbeeinflusst»), Flüsse im Abstrom von Seen («Unterstromig-See»), Flüsse des Mittellandes («Mittelland»), Flüsse unterhalb von Stauseen, in die periodisch grosse Wassermengen aus dem Stausee gelangen («Reguliert») und alpine Flüsse («Alpin»). (Grafik: Vinnå et al. 2025)

Neben den Daten der Abflussmessstationen bildeten Prognosen der bodennahen Lufttemperatur sowie der Abflussmengen die Basis für die Modellierung – jeweils für drei verschiedene Szenarien zur weiteren Entwicklung des Klimawandels: ein Szenario mit, eines mit moderaten und eines ohne Klimaschutzmassnahmen. Die Forschenden modellierten für jedes Szenario den Temperaturanstieg in den Gewässern in naher Zukunft (2030 bis 2059) und in ferner Zukunft (2070 bis 2099), jeweils im Vergleich zum Referenzzeitraum (1990 bis 2019).

Wie zu erwarten, zeigen die Ergebnisse, dass die Fliessgewässertemperaturen umso stärker steigen werden, je weniger Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden. Dabei ist die Entwicklung aber nicht kontinuierlich: Während sich die Erwärmung im Szenario ohne Klimaschutzmassnahmen mit der Zeit beschleunigt, erreicht sie im Szenario mit Klimaschutzmassnahmen Mitte dieses Jahrhunderts ein Plateau.

Vom Grundwasser beeinflusste Flüsse erwärmen sich kaum

Ausserdem unterscheidet sich das Ausmass der Gewässererwärmung je nach Gewässertyp. Am stärksten fällt sie in alpinen Gewässern aus, die sich ohne Klimaschutzmassnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts um 3,5 Grad erwärmen werden. Das hängt mit dem Anstieg der Lufttemperaturen zusammen, der in diesen Regionen ebenfalls am stärksten ausfällt. Fast ähnlich stark wird die Erwärmung in Flüssen unterhalb von Seen ausfallen: dort sind es im Extremfall plus 3,4 Grad. Weil das Wasser in den Seen länger verweilt, kann es sich dort stärker erwärmen – was sich in den Flüssen unterhalb von Seen bemerkbar macht. An Messstationen unterhalb von Quellen, wo das Gewässer stark von Grundwasser beeinflusst ist, verändert sich die Temperatur hingegen kaum – nur um plus 0.05 Grad in naher bzw. um plus 0.1 Grad in ferner Zukunft.


Originalpublikationen

Råman Vinnå, C.L.; Epting, J.; Bigler, V.; Schilling, O. S.
Zukünftige Fliessgewässertemperaturen – Simulation schweizweiter Projektionen der steigenden Temperaturen in Fliessgewässern.
Aqua & Gas 105 (7+8) (2025), Institutional Repository

Vinnå, L. R.; Bigler, V.; Schilling, O. S.; Epting, J.
Multi-fidelity model assessment of climate change impacts on river water temperatures, thermal extremes and potential effects on brown trout in Switzerland.
EGUsphere (2025), doi: 10.5194/egusphere-2024-3957

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