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Aus Korea in alle Welt: Fangenerierte Untertitel als kulturelle Brückenarbeit

Eine Person tippt auf einem Laptop mit einem transparenten Overlay eines Videoplayers, das Play-Symbol und Steuerelemente zeigt. Das Bild ist in einem leuchtendem Rot und Blau.
Fans von K-Dramen teilen ihr Wissen über die koreanische Sprache und Kultur online und machen diese so weltweit zugänglich. (Bild: Thapana_Studio, AdobeStock)

Koreanische TV-Dramen finden weltweit Resonanz. Nicht zuletzt ist dies einer engagierten Community zu verdanken, die die K-Dramas übersetzt, kommentiert und mit kulturellen Erklärungen ergänzt. Forschende der Universität Basel haben untersucht, wie Bedeutungen gemeinsam ausgehandelt und das individuelle Streamen in ein gemeinschaftliches Erlebnis verwandelt wird.

07. August 2025 | Shania Imboden

Eine Person tippt auf einem Laptop mit einem transparenten Overlay eines Videoplayers, das Play-Symbol und Steuerelemente zeigt. Das Bild ist in einem leuchtendem Rot und Blau.
Fans von K-Dramen teilen ihr Wissen über die koreanische Sprache und Kultur online und machen diese so weltweit zugänglich. (Bild: Thapana_Studio, AdobeStock)

Koreanische Popkultur begeistert spätestens seit dem Musik-Hit «Gangnam Style» im Jahr 2012 weltweit und zeigt eindrücklich, wie kulturelle Phänomene Landes- und Sprachgrenzen überwinden können. Da jedoch die wenigsten Menschen ausserhalb Koreas die Sprache verstehen, spielen Untertitel und das Aushandeln von Bedeutung online unter den Fans beim Konsum von koreanischen Serien und Filmen eine zentrale Rolle.

In der Übersetzung drohen jedoch essenzielle Details der Handlungen und des Kontextes verlorenzugehen. Wie können Untertitel also die Komplexität koreanischer Kultur einem internationalen Publikum verständlich machen? Dieser Frage gehen Prof. Dr. Miriam Locher und Dr. Thomas Messerli der Universität Basel in ihrem Forschungsprojekt «Pragmatics of Fiction: Lay subtitling and online communal viewing» nach.

Darin untersuchen sie das Zusammenspiel von Sprache, koreanischer Kultur, Fangemeinschaften und Online-Kommunikation. Die Forschenden legen dabei einen besonderen Fokus auf fangenerierte englische Untertitel und Nutzerkommentare. Ihre bisherigen Studien wollen die Forschenden in einem Buchprojekt bündeln und anschliessend um weitere Perspektiven erweitern.

In ihrer Forschung kombinieren Miriam Locher und Thomas Messerli quantitative und qualitative Analysen. Sie untersuchten zum einen die Inhalte von koreanischen TV-Serien auf kulturelle und linguistische Elemente. Zum anderen analysierten sie, wie Zuschauende auf der Streaming-Plattform Viki.com mit den Inhalten umgehen. Die Forschenden richteten ihren Fokus auf sprachliche Strategien, mit denen Fans kulturell geprägte Bedeutungen übersetzen und diskutieren.

Mehr als «Sie» und «du»

Sprachliche Feinheiten sind in koreanischen Filmen und Dramaserien (den K-Dramas) entscheidend für das Verständnis der Handlung und der Beziehungen zwischen den Figuren. Besonders komplex sind etwa Höflichkeitsformen, die koreanische Personen stark kontextabhängig einsetzen: «Koreanische Personen erfragen bereits zu Beginn einer Konversation das Alter des Gegenübers», erklärt Miriam Locher. «Damit ordnen sie die gegenüberstehende Person in eine Kategorie ein und passen die Höflichkeitsformen entsprechend an.»

Neben dem Alter bestimmen aber auch akademische Titel, der Rang in der Arbeitswelt oder die Position in der Familie die soziale Hierarchie. Personen mit höheren Rängen, Titeln oder Alter muss das Gegenüber mit entsprechendem Respekt ansprechen: Die soziale Hierarchie zwischen den Sprechenden kommt etwa anhand der Verbendungen am Satzende zum Ausdruck. Ein passendes, präzises Äquivalent in westlichen Sprachen gibt es laut den Forschenden nicht, was die Übersetzung besonders anspruchsvoll macht.

Profis vs. Fans

«Untertitel verändern Videoinhalte, da die Übersetzenden ihre Interpretation einer Szene zwangsläufig einfliessen lassen», so Locher. Fehlt es Übersetzenden oder Zuschauenden an kulturellem Kontext, drohen diese Interpretationen jedoch unvollständig zu sein.

Die bisherigen Ergebnisse der Basler Forschenden zeigen, dass Fan-Übersetzungen kulturelle Feinheiten wie die erwähnten Höflichkeitsformen besonders sensibel aufgreifen und damit einen wichtigen Beitrag leisten, kulturelle Inhalte für andere verständlich zu machen.

Im Unterschied dazu passen Übersetzungsprofis von Streamingdiensten wie Netflix die Untertitel an die Zielsprache an. «Dabei rücken mitunter auch kulturelle Feinheiten in den Hintergrund, um dafür die Verständlichkeit für das Zielpublikum zu vereinfachen», sagt Miriam Locher. «So werden zum Beispiel Vornamen als Anrede benutzt, während im koreanischen Original Anredeformen verwendet werden, die den sozialen Status reflektieren.»

Kommentare schaffen Spielraum für Übersetzungen

Zudem beobachteten die Forschenden, wie Nutzerinnen und Nutzer durch kommentierte Szenen auf «Viki» gemeinsam mögliche Bedeutungen aushandeln und so die Kommentarspalte als Raum für eine aktive Auseinandersetzung mit der koreanischen Sprache und Kultur verwenden. Zuschauende platzieren auf «Viki» ihre Kommentare in einem bestimmten Moment in der Szene. Diese erscheinen bei anderen Zuschauenden an derselben Stelle, sobald sie die entsprechende Szene sehen.

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