Wie gehen wir mit Hitze um, Herr Feigenwinter?
Text: Christian Feigenwinter
Tage mit weit über 30 Grad sind im Sommer keine Seltenheit mehr. Was können wir tun, um die Folgen abzufedern? Antworten aus der Epidemiologie und den Atmosphärenwissenschaften.
Im meteorologischen Kontext lässt sich «Hitze» erst mal ganz grundsätzlich über die Lufttemperatur quantifizieren. An einem «Hitzetag» beträgt das Maximum der Tagestemperatur mindestens 30° C. Das Hitzewarnkonzept von MeteoSchweiz hingegen basiert seit Sommer 2021 auf der Tagesmitteltemperatur. Diese berücksichtigt auch hohe Temperaturen während der Nacht. Wenn die Tagesminimumtemperatur nicht unter 20° C fällt, spricht man von einer Tropennacht. Tropennächte treten in der Stadt wesentlich häufiger auf als in der ländlichen Umgebung, die Anzahl der Hitzetage ist aber etwa dieselbe.
Die Stadtbevölkerung ist also vor allem nachts einer höheren Wärmebelastung ausgesetzt, die «städtische Wärmeinsel» ist ein nächtliches Phänomen. Die Schweizer Klimaszenarien CH2018 prognostizieren für die Zukunft für die Messstation Basel/Binningen mehr Hitzetage, mehr Tropennächte sowie häufigere und extremere Hitzewellen. Mit konsequentem Klimaschutz ist die Zunahme deutlich moderater als mit dem «business as usual»-Szenario.
Hitze kann einem allerdings auch bei angenehmen Temperaturen zu schaffen machen. Bewegt man sich von einem schattigen Platz in die Sonne, wird sich die Lufttemperatur praktisch kaum ändern, der Hitzestress kann sich aber dramatisch erhöhen. Nicht nur die Lufttemperatur hat also einen Einfluss auf das Hitzeempfinden, sondern in beträchtlichem Masse auch die Strahlung. Ist zusätzlich die Luftfeuchtigkeit hoch, wird der Hitzestress noch verstärkt, es ist schwül.
Ein leichtes Lüftchen könnte Linderung bringen, allerdings herrscht an solchen Tagen in den Strassenschluchten der Stadt meistens Windstille. Ebenfalls können leichte, helle Kleidung und eine Kopfbedeckung die Hitzebelastung mindern. Hitzebelastung wird in der Biometeorologie über thermische Indizes quantifiziert. Mit Lufttemperatur, Luftfeuchte, der mittleren Strahlungstemperatur und der Windgeschwindigkeit lässt sich die Hitzebelastung berechnen.
Damit ist eigentlich schon gesagt, wie sich diese Belastung in der Stadt abschwächen lässt: Beschattung mindert die Strahlung; gute Durchlüftung kühlt, erhöht die sogenannte Turbulenz und damit die Durchmischung der Luftmasse; Entsiegelung reduziert tagsüber die Wärmespeicherung in der städtischen Bausubstanz, senkt damit die Nachttemperaturen und speichert mehr Niederschlag im Boden. Das – sowie grüne (Vegetation) und blaue (Wasser) Infrastruktur generell – erhöht die Verdunstung, was wiederum zu einer Abkühlung der Lufttemperatur führt.
Das «Stadtklimakonzept» des Basler Regierungsrates vom Mai 2023 baut im Wesentlichen auf den oben genannten Prinzipien auf und soll so das Stadtklima verbessern. Insbesondere Bäume wirken als natürliche Klimaanlagen. Bis ein Baum allerdings die geforderte Ökosystemleistung erbringen kann, braucht es Jahrzehnte. Diese Tatsache wird in der Politik oftmals ausgeblendet.
Quellen und Zusatzinformationen
«Dolueg» Echtzeit-Messungen Atmosphärenwissenschaften, mit den Stationen Klingelbergstrasse, Aeschenplatz, Lange Erlen
Klimaszenarien für die Schweiz CH2018, National Centre for Climate Services NCCS
Klima-Analyse Basel (2019), Geoportal BS, Thema Atmosphäre, Luft, Klima + Raumplanung, Stadtklima Basel-Stadt
Stadtklimakonzept Basel-Stadt, Bau- und Verkehrsdepartement BS (2023)
Christian Feigenwinter forscht und lehrt im Bereich Atmosphärenwissenschaften am Departement Umweltwissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind Stadtklimatologie, Mikrometeorologie und CO2-Emissionen.
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