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Mit Spiegeln, Laser und Fingerspitzengefühl

Portrait Grazia Raciti
Grazia Raciti, Doktorandin in der Nanophononics group. (Foto: Universität Basel, Oliver Hochstrasser)

Die Doktorandin Grazia Raciti erforscht im Rahmen des Eucor-Programms QUSTEC die Dynamik von Phononen. Grundlagen für ihren Laborversuch sind Spiegel, Laser und viel Fingerspitzengefühl. Wenn sie nicht gerade selber an den Apparaturen tüftelt, unterstützt sie die Studierenden bei ihren Experimenten.

17. Dezember 2020

Portrait Grazia Raciti
Grazia Raciti, Doktorandin in der Nanophononics group. (Foto: Universität Basel, Oliver Hochstrasser)

Was die Coronamaske an Mimik verdeckt, macht Grazia Raciti mit ihrer Gestik wett. Sie sitzt am Departement Physik in der Cafeteria und erzählt mit ausholenden Armbewegungen von Phononen, Lasern und Spiegeln. Phonone sind Gitterschwingungen innerhalb eines Festkörpers. Sie können entstehen, wenn ein Laserstrahl auf ein Kristall trifft. Je nach Material haben Phonone unterschiedliche Eigenschaften und weisen ein anderes Spektrum auf.

Der grosse Raum wirkt verlassen und die Stühle sind akkurat an die langen Tische gerückt. Trotz Homeoffice-Weisung kann die Forscherin in Absprache mit ihrem Team im Labor der «Nanophononics Group» am Aufbau ihres Experiments arbeiten. Die letzten fünf Monate hat sie damit verbracht, die Laserstrahlen und Spiegel für ihr Experiment korrekt auszurichten.

«Das ist Millimeterarbeit. Physik erfordert nicht nur Kopfarbeit, sondern auch Fingerspitzengefühl», sagt die Forscherin. Ihre Hände zeichnen in der Luft die Laser nach, die mithilfe von Spiegeln zeitversetzt auf verschiedene Materialien gelenkt werden. Das Phonon wird angeregt und es kann verfolgt werden, wie sich sein Spektrum ändert. «Indem wir die zeitliche Entwicklung von Phononen erforschen, erfahren wir mehr über den Hitzetransport innerhalb von Mikrostrukturen», erklärt sie.

Portrait Grazia Raciti
(Foto: Universität Basel, Oliver Hochstrasser)

Vom Arno an den Rhein

Grazia Raciti kam im Rahmen des QUSTEC-Programms (siehe Infobox) nach Basel. Aufgewachsen ist sie in Sizilien, und bereits in der Schule wollte sie ihre Begeisterung für Mathematik mit etwas «Handfestem» verbinden. «Ein Studium in experimenteller Physik war für mich deshalb der logische nächste Schritt», erinnert sie sich. Nach ihrem Bachelor an der Universität Catania absolvierte sie ihren Masterabschluss an der Universität Pisa.

«Die Physikforschung lebt vom internationalen Austausch. Für mich war deshalb klar, dass ich Italien nach dem Master verlassen musste.» Als sie sich in Basel bewarb, wusste sie noch nichts über die Stadt. Neugierig startete sie eine Google-Bildersuche und stiess auf Vertrautes: «Der Rhein mit der Mittleren Brücke erinnerte mich an den Arno in Pisa, und das gab mir sofort ein zuversichtliches Gefühl.» 

Die Zeit im Labor verbringt sie meist alleine oder mit ihrem Postdoc. Den Rest der Forschungsgruppe sieht sie mehrheitlich auf dem Bildschirm. Mit einer Handbewegung deutet sie Richtung Dachterrasse: «Im Sommer sassen wir mittags viel draussen.» Sie hofft, dass gemeinsame Mittagessen oder Kaffeepausen bald wieder möglich sind. Auch wenn Corona die sozialen Kontakte zurzeit erschwert – die junge Forscherin fühlt sich am Departement sehr wohl und schätzt das familiäre Umfeld.

Freude am Unterrichten

Die Seminare am Departement Physik bieten die Möglichkeit, Doktorierende aus anderen Projekten kennenzulernen und Wissen und Erfahrungen auszutauschen. Manchmal komme es ihr aber vor, als bewege sie sich zwischen zwei Welten. «Als Doktorandin bin ich von der Universität angestellt. Ich unterrichte und werde für meine Forschung bezahlt», sagt Grazia Raciti. Gleichzeitig fühle sie sich der Welt der Studierenden aber noch sehr verbunden: «Am Anfang war alles noch so neu und aufregend. Da fühlte ich mich manchmal wie eine Erstsemestlerin.»

Die Nähe zu den Studierenden spürt die Forscherin auch beim Unterrichten. Im Kurs «Anfängerpraktikum Physik I» unterstützt sie diese bei ihren Experimenten. «Den Studierenden beim Lernen zuzusehen macht mir grosse Freude», fügt sie an. «Ich möchte mit meinem Postdoc die universitäre Karriere deshalb unbedingt weiterverfolgen.»

QUSTEC-Programm

QUSTEC steht für Quantum Science and Technologies at the European Campus. Das Doktorandenausbildungsprogramm wird vom Verbund Eucor – The European Campus angeboten. Zu den Mitgliedern zählen die Universitäten Basel, Freiburg, Haute-Alsace und Strasbourg sowie das Karlsruher Institut für Technologie. Das QUSTEC-Programm bietet 39 Positionen für Nachwuchswissenschaftler/innen auf dem Gebiet der Quantenwissenschaft. Die Projekt dauern jeweils 48 Monate und enden mit der Vergabe eines Doktortitels.

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