Im Fokus: Silas Battisti sucht nach der besten Chemie
Einst wollte er Wein machen, heute tüftelt er an der Synthese von Naturstoffen – und am perfekten Pizzateig. Doktorand Silas Battisti hat einen Sinn für das ideale Zusammenspiel. In jeder Hinsicht.
12. August 2025 | Angelika Jacobs
Wenn man in einem Weinbaugebiet wie Südbaden aufwächst, liegt das Thema nahe: Nach dem Abitur wählte Silas Battisti ein duales Studium in Weinbau und Önologie, das Theorie und Praxis der Weinherstellung vermittelt.
«Das Studium war sehr vielfältig», erinnert er sich an diesem sonnigen Mittag im Juni bei einer Poké Bowl. Da er momentan ein zweiwöchiges Praktikum für Pharmaziestudierende betreut, nutzt er seine Mittagspause, um von seinem Werdegang zu erzählen. «Wir hatten Biologievorlesungen, um beispielsweise zu lernen, wie Weinreben wachsen und welche Effekte verschiedene Weinhefen bei der Vergärung haben. Aber auch Betriebswirtschaftslehre und Module über die chemischen Prozesse bei der Weinherstellung waren Teil des Studiums.»
Gerade Letzteres habe ihn fasziniert, berichtet der grossgewachsene 30-Jährige. Auch Laborpraktika gehörten zur Ausbildung. «Da wurde mir klar, dass organische Chemie mein Ding ist. Also die Chemie der Moleküle, die grösstenteils aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen und in lebenden Organismen eine zentrale Rolle spielen.»
Vom Wein zu den Naturstoffen
Er entschied sich für einen Wechsel zum Chemiestudium in Freiburg im Breisgau und bereute die Entscheidung nie. Die Faszination für die komplexen Moleküle führte ihn schliesslich nach Basel: Während eines Praktikums beim Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck entdeckte er seine Faszination für eine bestimmte Art von chemischen Reaktionen, die sogenannte CH-Aktivierung. So erhielt er auch den Hinweis auf die Forschungsgruppe um Olivier Baudoin, Professor am Departement Chemie. Baudoin und seine Mitarbeitenden entwickeln neue Synthesemethoden im Bereich der CH-Aktivierung, was die Herstellung von Naturstoffen und anderen organischen Molekülen für Medizin oder Landwirtschaft effizienter machen könnte.
«Ich hatte letztlich mehrere Optionen für das Doktorat, aber das Thema und die Forschungsgruppe hier haben mich am meisten überzeugt», so Battisti. Das Umfeld am Institut sei sehr international, die Ausstattung nennt er «top» – auch wenn das Gebäude in die Jahre gekommen sei. «Die Stimmung in der Forschungsgruppe und am Institut ist sehr kollegial. Man hilft einander.» Auch das schätze er sehr.
Wie wohl bei jeder Doktorarbeit habe es auch bei ihm in den vergangenen drei Jahren frustrierende Phasen gegeben, in denen es viel Durchhaltevermögen brauchte, bis ein Versuch gelang. Die Totalsynthese von komplexen Molekülen aus der Natur kann knifflig sein: Man muss die genau richtigen Bestandteile der Ausgangs- und Zwischenmoleküle dazu bringen, gezielt miteinander zu reagieren.
Battistis Ziel ist, die Totalsynthese einer Substanz aus einem Pilz zu etablieren. Für diese Gruppe an Verbindungen gab es bisher noch kein Verfahren für die Herstellung im Labor. «Wenn es uns gelingt, diese Stoffklasse mit unserem Syntheseweg zu erschliessen, ist das ein starkes Signal, dass die CH-Aktivierung auch für industriell interessante Moleküle anwendbar ist», so der Chemiker. Bei der Wahl seines Dissertationsthemas war ihm dieser Praxisbezug wichtig. «Ich mache gerne Chemie, und ich mag es, wenn es um Dinge aus dem echten Leben geht.»
Die Chemie des Pizzabackens
Seinen Wurzeln ist der Südbadener dennoch treu geblieben: Das Interesse für Kulinarik und guten Wein begleitet ihn bis heute. Während er im Labor die Synthese von Naturstoffen optimiert, verbessert er in der heimischen Küche als begeisterter Hobbykoch seine Rezepte. Inspirationen holt er sich unter anderem aus den sozialen Medien.
Umgesetzt werden die Ideen dann jedoch mit dem analytischen Blick und der akribischen Dokumentation des Wissenschaftlers. «Ich habe Notizbücher, in denen ich festhalte, welche Änderungen am Rezept zu welchen Ergebnissen führen.» Das Hintergrundwissen aus der Chemie helfe dabei zu entscheiden, an welchen Parametern es sich lohnt zu schrauben.
Beispielsweise sei er seit einiger Zeit im «Pizza Game»: Wie verändert sich der Teig mit mehr oder weniger Wasser, und was ist der «Sweet Spot» der Wassermenge? Wie lange sollte man den Teig kneten und welche Mehlsorte gibt den geschmeidigsten und nach dem Backen knusprigsten Teig? Vergangenes Jahr ist er zusammen mit seiner Frau nach Neapel gereist, um die bekanntesten Pizzerien zu besuchen und sich inspirieren zu lassen. Inzwischen besitzt er einen eigenen Pizzaofen.
Wie in der Forschung braucht es auch in der Küche manchmal mehrere Anläufe: Vor Weihnachten habe er sich an Panettone versucht, um die italienische Spezialität in seinem Freundeskreis zu verschenken. «Nach vier Versuchen hatte ich ein verschenkbares Ergebnis», berichtet Battisti schmunzelnd.
Zusammenklang
Einen weiteren Ausgleich – fernab von chemischen Reaktionen im Glaskolben oder im Pizzateig – findet Battisti in der Musik: Er spielt Horn in einem Orchester, für das er sich ehrenamtlich engagiert. Daneben musiziert er auch zu Hause zusammen mit seiner Frau, die Klarinette spielt.
Das Zusammenklingen der Instrumente, das Zusammenspiel der Zutaten und der Moleküle: Die Basis für die Leidenschaften in Silas Battistis Leben scheint immer die richtige Chemie.
Im Fokus: die Sommerserie der Universität Basel
Das Format Im Fokus rückt junge Forschende in den Mittelpunkt, die zum internationalen Renommee der Universität beitragen. Während mehrerer Wochen stellen wir Akademiker*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen vor, die stellvertretend für die über 3000 Doktorierenden und Postdocs der Universität Basel stehen.