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Basler Professorin als Ad-hoc-Richterin vor dem Internationalen Seegerichtshof

Prof. Anna Petrig als Ad-hoc-Richterin am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg. (Foto: ITLOS / Universität Basel)
Prof. Anna Petrig als Ad-hoc-Richterin am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg. (Foto: ITLOS / Universität Basel)

Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg hat entschieden, dass Nigeria einen Schweizer Tanker freilassen muss, den es mehr als 17 Monate vor seiner Küste festgehalten hatte. Als Ad-hoc-Richterin für dieses Verfahren ernannte die Schweiz die Völkerrechtsprofessorin Anna Petrig von der Universität Basel. Damit war zum ersten Mal in der Geschichte des UNO-Seegerichts eine Frau in diesem Amt tätig.

17. Juli 2019

Prof. Anna Petrig als Ad-hoc-Richterin am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg. (Foto: ITLOS / Universität Basel)
Prof. Anna Petrig als Ad-hoc-Richterin am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg. (Foto: ITLOS / Universität Basel)

Im Januar 2018 setzten nigerianische Seestreitkräfte den unter Schweizer Flagge fahrenden Tanker «San Padre Pio» fest. Das Schiff sollte Treibstoff zu einer Offshore-Ölförderplattform vor den Küsten Nigerias liefern. Gemäss nigerianischen Behörden verletzte der Transport lokales Recht. Schiff, Besatzung und Cargo wurden festgehalten, wozu Nigeria aus Sicht der Schweiz nicht berechtigt war.

Im Mai 2019 leitete die Schweiz in diesem Fall ein Schiedsverfahren ein und beantragte ausserdem vorläufige Massnahmen beim Internationalen Seegerichtshof in Hamburg (ISGH). Da der ISGH weder über ein ständiges Mitglied aus der Schweiz noch aus Nigeria verfügt, konnten beide Streitparteien eine Person dafür ernennen. Die Schweiz ernannte Prof. Dr. Anna Petrig als Ad-hoc-Richterin. Die Professorin für Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Universität Basel ist eine weltweit gefragte Expertin zum Thema Seerecht.

Ein historischer Fall

Vor wenigen Tagen fiel nun der Entscheid zu den vorläufigen Massnahmen. Dabei folgte der ISGH in grossen Teilen dem Antrag der Schweiz und ordnete Nigeria an, die «San Padre Pio» mitsamt Besatzung und Fracht freizulassen. Um die Rechte Nigerias zu wahren, verlangte das Gericht von der Schweiz, eine finanzielle Sicherheit in Höhe von 14 Mio. US-Dollar zu hinterlegen. Das folgende Schiedsgericht wird entscheiden, ob aus dieser Sicherheit eine Zahlung an Nigeria stattfinden muss oder nicht.

«Das ist ein historischer Fall», so Prof. Anna Petrig. «Nicht nur gelangt mit diesem Verfahren erstmals ein Binnenland ans UNO-Seegericht. Der Entscheid und der weitere Verlauf ist auch von grundlegender Natur, da Offshore-Nutzungen in der sogenannten ‘Ausschliesslichen Wirtschaftszone’ rasant ansteigen. So werden etwa im Rahmen der Energiewende zahlreiche Offshore-Windparks angelegt. Bei all diesen Nutzungen stellt sich die Frage, wie weit die Befugnisse des Küstenstaats und wie weit die Befugnisse des Flaggenstaats reichen.»

Streitpunkt «Ausschliessliche Wirtschaftszone»

Bei der Ausschliesslichen Wirtschaftszone handelt es sich um eine zwischen den Territorialgewässern und der Hohen See liegenden Meereszone, in welchem der Küstenstaat gewisse souveräne Rechte, aber nicht volle Souveränität geniesst. So ist der Küstenstaat unter anderem befugt, die Ausbeutung und Bewirtschaftung von lebenden und nicht-lebenden Ressourcen zu regulieren, überwachen und sanktionieren. Dazu zählen vor allem die Fischerei und der Abbau mineralischer Ressourcen wie Öl.

Ob auch die Zulieferung von Treibstoff zum Betrieb von Offshore-Plattformen unter die Regelungsgewalt des Küstenstaats fällt, ist vorliegend umstritten. Die Schweiz ist der Ansicht, dass der Vorgang der Freiheit der Schifffahrt unterliege und somit nicht in die Sanktionszuständigkeit des Küstenstaates Nigeria falle. Das noch zu konstituierende Schiedsgericht wird in den kommenden Monaten über diese Frage entscheiden.

Anna Petrig

Prof. Dr. Anna Petrig beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren intensiv mit dem Seerecht. Sie hat 2008 das Sea Piracy Project am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg im Breisgau initiiert und mehrere Jahre geleitet. An der Universität Basel wurde sie 2013 zum Thema Menschenrechte und Kriminalitätsbekämpfung auf See promoviert. Petrig hat an Universitäten und Forschungszentren in ganz Europa und Japan zu seerechtsbezogenen Fragen referiert; sie stellte ihre Forschungsergebnisse unter anderem bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation der UNO sowie vor NATO-Gremien vor.

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