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Sicherung wertvollen Kulturerbes: Die Stiftung Bibliotheca Afghanica übergibt ihre Bestände der Universität Basel

Neubau einer Moschee in Kandahar
Neubau einer Moschee in Kandahar, 1908. (Bild: Phototheca Afghanica, K 12-1)

Im Rahmen einer feierlichen Vertragsunterzeichnung hat die Stiftung Bibliotheca Afghanica der Universität Basel ihren wertvollen, rund 300 Laufmeter umfassenden Bestand an schriftlichen Zeugnissen sowie 70'000 historische Bilddokumente übergeben. Aufbewahrt und für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird die weltweit einmalige Sammlung von der Universitätsbibliothek Basel.

13. Februar 2023

Neubau einer Moschee in Kandahar
Neubau einer Moschee in Kandahar, 1908. (Bild: Phototheca Afghanica, K 12-1)

Bei der Unterzeichnung des Schenkungsvertrags im Wildt’schen Haus zugegen waren Mitglieder des Stiftungsrats der Bibliotheca Afghanica, eine Vertreterin der afghanischen Botschaft, Vertreterinnen des Kantons Basel-Landschaft, Vertreter der Universität Basel, insbesondere des Fachbereichs Nahoststudien, und der Universitätsbibliothek Basel. Sie erläuterten den Hintergrund der Sammlung und unterstrichen ihre kulturelle und wissenschaftliche Bedeutung.

Exemplarisch für die Vermittlungsarbeit der Stiftung in Afghanistan wurde ein Teil der Wanderausstellung «Türme des Wissens» präsentiert. Die Ausstellung entstand 2007–2009 in Zusammenarbeit mit und auf Wunsch des afghanischen Erziehungsministeriums und zirkuliert in 68 Exemplaren durch die Schulen aller Provinzen des Landes. Die «Türme des Wissens» stellen für eine Generation, die ihr eigenes Land nur im Kriegszustand oder zerstört kennt, ein Stück nationale Identität wieder her. Sogar heute, unter den Taleban, soll ein Exemplar der Ausstellung im Präsidentenpalast in Kabul stehen.

Zeugnisse des Widerstands

Die Bibliotheca Afghanica wurde 1975 von Paul und Veronika Bucherer-Dietschi in Basel gegründet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Um ihre Existenz zu sichern, wurde die Bibliothek 1983 in eine Stiftung mit heutigem Sitz in Bubendorf BL überführt, die unter Aufsicht des Bundes steht.

Paul und Veronika Bucherer-Dietschi, hintere Reihe: Dr. Hans-Ulrich Seidt, ehemaliger deutscher Botschafter in Kabul und Stiftungsrat der Stiftung Bibliotheca Afghanica, Vizerektor Prof. Dr. Thomas Grob, UB-Direktorin Dr. Alice Keller.
Die Bibliotheca Afghanica wurde 1975 von Paul und Veronika Bucherer-Dietschi gegründet und mit der Vertragsunterzeichnung der Universität Basel übergeben. Hintere Reihe: Dr. Hans-Ulrich Seidt, ehemaliger deutscher Botschafter in Kabul und Stiftungsrat der Stiftung Bibliotheca Afghanica, Vizerektor Prof. Dr. Thomas Grob, UB-Direktorin Dr. Alice Keller. (Foto: Universität Basel, Corinne Kramer)

Zu Beginn auf Natur, Kultur und Geschichte spezialisiert, sammelte die Bibliothek in den Jahren nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 Informationen über den Krieg, die Entwicklung der sowjetischen Besetzung und den Widerstand der Bevölkerung. In den Publikationen des Widerstands zeigt sich auch der Wandel von einem offenen, vom Sufismus geprägten Islam zum Jihadismus der Mujaheddin und der Taleban. In der Bibliotheca Afghanica finden sich unter anderem mehr als 2000 Privatdrucke des Widerstands, die den Wandel zum Extremismus belegen – eine weltweit einmalige Sammlung.

Beitrag zum Kulturgüterschutz

Die Stiftung Bibliotheca Afghanica hat diese Entwicklung nicht nur dokumentiert, sondern auch versucht, einen Beitrag zur Bewahrung der afghanischen Kultur zu leisten. Dies geschah insbesondere durch das «Afghanistan-Museum im Exil», das 2007 unter dem Patronat der UNESCO nach Kabul repatriiert wurde, aber auch durch das Sammeln und Bearbeiten von historischen Bilddokumenten – unersetzlich auch insofern, als 1978, nach dem blutigen Putsch einer kommunistischen Gruppe in Kabul, der gesamte Bildbestand von öffentlichen Bibliotheken, der staatlichen Nachrichtenagentur Bakhtar und aus Privatbesitz entsorgt und vernichtet worden war. Zu einem weiteren Bildersturm kam es dann 1996 unter den Taleban, da diese Abbildungen von Lebewesen als gotteslästerlich ansahen.

«Die Universitätsbibliothek Basel schätzt sich glücklich, diese Sammlung übernehmen zu dürfen. Sie stellt eine wichtige Ergänzung zur Bibliotheca Indica von Alfred Sarasin dar, die bereits im Eigentum der Universitätsbibliothek ist und von Forscherinnen und Forschern aus aller Welt geschätzt und genutzt wird», sagt Dr. Alice Keller, Direktorin der Universitätsbibliothek Basel.

Im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung werden die Bestände sukzessive in die Universitätsbibliothek integriert, fachgerecht archiviert und Benutzenden über die üblichen Findmittel (swisscovery) zugänglich gemacht. Insbesondere die Bearbeitung von unikalen originalsprachlichen Dokumentationen, Widerstandsliteraturen und Nachlässen verlangt nebst einschlägigen Sprachkenntnissen auch solides Spezialwissen. Die Universitätsbibliothek Basel freut sich, dass die Sammlung dank der langjährigen Pflege durch Paul Bucherer in so gutem Zustand und umfassend dokumentiert ist.


Weitere Auskünfte

  • Paul Bucherer-Dietschi, Stiftung Bibliotheca Afghanica, Brühlstrasse 2, 4416 Bubendorf, Tel. +41 61 933 98 77, E-Mail: info@afghanistan-institut.ch
  • Dr. Alice Keller, Direktorin Universitätsbibliothek Basel, Schönbeinstrasse 18-20, 4056 Basel, Tel. +41 61 207 31 31, E-Mail: alice.keller@unibas.ch

Bildmaterial

Weitere Informationen zum «Museum im Exil» und Bildmaterial stehen auf der Website Phototheca Afghanica zur Verfügung.

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