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«Der Klimawandel ist eine der grössten Gefahren für die globale Gesundheit»

Prof. Guéladio Cissé (Foto: Swiss TPH)
Prof. Guéladio Cissé (Foto: Swiss TPH)

Klimaveränderungen wirken sich nicht nur auf die Umwelt aus, sondern haben auch erhebliche Folgen für die globale Gesundheit. Wo wir stehen, und was getan werden kann um diese Folgen abzuwenden, erklärt Prof. Guéladio Cissé vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH). Er ist Co-Organisator des zweitägigen Symposiums zum Thema «Climate Change and Health», das diesen Donnerstag in Basel beginnt.

03. Dezember 2019

Prof. Guéladio Cissé (Foto: Swiss TPH)
Prof. Guéladio Cissé (Foto: Swiss TPH)

Herr Cissé, mit welchen gesundheitlichen Auswirkungen müssen wir als Folge des Klimawandels rechnen?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass zwischen 2030 und 2050 jährlich etwa 250’000 Todesfälle durch den Klimawandel verursacht werden könnten, wobei vor allem gefährdete Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Die verschiedenen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit lassen sich nicht mehr leugnen, er wird zu einer der grössten Gefahren für die globale Gesundheit dieses Jahrhunderts. Wir wissen, dass steigende Temperaturen mit extremen Wetterereignissen verbunden sind, die alle einen Einfluss auf die Gesundheit haben.

Können Sie uns Beispiele geben?

Wenn wir über extreme Ereignisse sprechen, denken die Menschen an Brände und Überschwemmungen. Aber auch Hitzewellen haben Folgen für die Sterblichkeit gefährdeter Gruppen weltweit. Die Temperaturen beeinflussen zudem die Wasserqualität und damit auch Krankheiten, die durch Wasser und Lebensmittel übertragen werden. Schliesslich wirkt sich der Klimawandel auch auf die Verteilung von Vektoren, die Krankheitserreger übertragen, und auf die Ökologie aus: steigende Temperaturen schaffen einen Nährboden für Krankheiten wie Malaria und Denguefieber, die von Mücken übertragen werden.

Wird aus Ihrer Sicht genug getan, um die Gefahren des Klimawandels abzuwenden?

Es gibt immer mehr Evidenz dafür, dass wir etwas tun müssen, aber es ist sehr schwierig, politische Entscheidungsträger dazu zu bringen, entsprechend zu handeln. Einige verstehen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit noch nicht wirklich. Wir müssen mehr darüber sprechen, wie sie zur Senkung des CO2-Gehalts beitragen können und wie sie ihre Bevölkerung und ihr Gesundheitssystem auf die Auswirkungen vorbereiten sollten. Die WHO leistet einen grossen Beitrag, indem sie sich für widerstandsfähige Gesundheitssysteme einsetzt und politische Entscheidungsträger anleitet. Aber es müsste noch mehr getan werden.

Die Politik ist das eine, aber wo sehen Sie Ihren Handlungsspielraum als Wissenschaftler?

Am Swiss TPH beschäftigen wir uns seit über zehn Jahren mit dem Thema Klimawandel und Gesundheit, zum Beispiel mit unserer Forschung zu Luftverschmutzung und der Wirkung von Hitze im In- und Ausland. Wir wollen in der Schweiz und weltweit zu den Pionieren gehören, wenn es darum geht, Diskussionen und Aktionen zum Thema Klimawandel und Gesundheit anzuregen und zu leiten. Deshalb war es für uns wichtig, zum jetzigen Zeitpunkt ein Symposium zu diesem Thema auszurichten.

Und wie sollen Wissenschaft und Politik zusammenfinden?

Der Weltklimarat fokussiert sich auf drei Bereiche: die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, die Auswirkungen des Klimawandels und die Möglichkeiten der Emissionsminderung. Hier sehen wir viele Synergien zwischen Wissenschaft und politischen Akteuren sowie viele Möglichkeiten für eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen Institutionen. Am Symposium werden wir Diskussionen führen rund um diese Themen, Zusammenhänge erörtern und gemeinsam einen Beitrag leisten.

Wo sehen Sie den grössten Hebel im Kampf gegen den Klimawandel?

Auch wenn jede und jeder seinen Teil dazu beiträgt, von Einzelpersonen, die ihre Fluggewohnheiten ändern, bis hin zu politischen Entscheidungsträgern, die beim Pariser Abkommen mitmachen, wird das vielleicht nicht reichen. Deshalb fordert die Klimabewegung, dass wir mehr tun. In jedem der oben genannten drei Bereiche müssen wir unsere Rolle sowohl in institutioneller als auch in persönlicher Hinsicht wahrnehmen. Wir können und müssen etwas gegen den Klimawandel unternehmen. Egal woher Sie kommen, auch Sie können etwas bewirken.


Climate Change and Health. Swiss TPH Winter Symposium 2019. 5.–6. Dezember 2019, Congress Center Basel. Das Symposium kann auch über einen Live Stream mitverfolgt werden.

Guéladio Cissé

Prof. Dr. Guéladio Cissé leitet den Bereich Ecosystem Health Sciences am Swiss TPH. Er stammt ursprünglich aus Dafort in Mauretanien. Seit über 25 Jahren konzentriert sich seine Forschung auf Gesundheitliche Folgenabschätzung, Umweltepidemiologie und Ökosystem-Gesundheitswissenschaften. Er hat sich mit den Auswirkungen unzureichender Wasser-, Sanitär- und Hygienebedingungen, von Umweltschadstoffen und Klimawandel auf die Gesundheit beschäftigt.

Thematischer Schwerpunkt
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