Mädchen sind besser in Sprachen, Jungs in Mathe – stimmt das?
Text: Jana Lindner
Sprachbegabte Mädchen und technikaffine Buben – so weit das Klischee. Damit dieses nicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird, können Eltern und Lehrpersonen unterstützen.
Der Eindruck hält sich hartnäckig: Mädchen und Jungen unterscheiden sich in ihren Talenten. Die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern in verschiedenen Berufen unterstreicht die Annahme, dass das Geschlecht bestimmte Interessen und Begabungen vorgibt. Aber ist das so?
Sprachkompetenz umfasst Zuhören, Sprechen, Lesen und Schreiben. Internationale Bildungsstudien wie PISA zeigen, dass 15-jährige Mädchen hierbei tendenziell besser abschneiden: 2022 erzielten sie in 79 von 81 Ländern bessere Leseleistungen als Jungen. In Mathematik sind die Unterschiede weniger eindeutig: Während Jungen in 40 der 81 Länder in Mathe durchschnittlich besser abschnitten, gab es in den übrigen 41 entweder keine signifikanten Unterschiede oder einen Vorteil für Mädchen.
Was die Interessen wirklich prägt.
Generalisierungen greifen zu kurz. Viel mehr als das biologische Geschlecht spielen soziokulturelle Faktoren wie die Erziehung und Erwartungen der Gesellschaft eine Rolle dabei, welche Interessen ein Kind auslebt. Geschlechtsbezogene Stereotype beeinflussen Bildungs- und Berufswahlen erheblich. So zeigen Studien, dass Lehrpersonen und Eltern schulische Erfolge bei Jungen eher auf Talent, bei Mädchen auf Fleiss zurückführen. Bereits in der zweiten Klasse verinnerlichen Mädchen die Vorstellung, Mathematik sei «Männersache» – oft bevor Leistungsunterschiede überhaupt auftreten.
Dies trägt dazu bei, dass sie ihre mathematischen Fähigkeiten unterschätzen und seltener Berufe in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) ergreifen. Jungen wiederum wird gemeinhin ein natürliches MINT-Interesse unterstellt, während ihre sprachlichen Fähigkeiten oft weniger im Fokus stehen.
Sensibilität fördern.
Moderne Lehrpläne enthalten deshalb den Grundsatz, individuelle Stärken geschlechtsunabhängig zu fördern. Die Umsetzung kann jedoch nicht alleine Sache von Lehrpersonen sein – Forschung, Politik und Wirtschaft müssen ebenfalls Stereotype überwinden helfen, etwa bei der Berufsorientierung. So kann es gelingen, gleiche Bildungs-, Berufs- und Lebenschancen für alle zu erreichen.
Quellen erschienen in
Education Sciences (2022), doi: 10.3390/educsci12060373
und in
PISA 2022 results (Volume I), OECD (2023), doi: 10.1787/53f23881-en
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