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Hüben und drüben. (02/2023)

Der Naturverbundene.

Text und Fotos: Marion Maurer

Als Kind legte er Weiher für Molche an, das Biologiestudium war Herzenssache. Heute setzt sich Philippe Ammann bei ProSpecieRara für die Vielfalt von Flora und Fauna ein.

Blick über den Badeteich in Philippe Ammanns Naturgarten.
Blick über den Badeteich in Philippe Ammanns Naturgarten.

Dicke Regentropfen fallen vom Himmel, als das Postauto in Nunningen im Kanton Solothurn ankommt. In der Nacht haben Gewitter der jüngsten Hitzewelle ein Ende gesetzt. «Zum Glück!», meint Philippe Ammann, als wir an diesem Augustmorgen durch seinen Garten schlendern – denn auch dieser hatte langsam mit der Trockenheit zu kämpfen. Seit bald elf Jahren lebt Ammann hier mit seiner Lebenspartnerin. Mit viel Liebe haben die beiden ihr Land gestaltet und bepflanzt, um möglichst vielfältige Lebensräume für Tiere zu schaffen. Das Herz des kleinen Naturparadieses bildet ein Badeteich, den Ammann selbst gebaut hat und in dem jährlich eine neue Generation von Fröschen heranwächst.

Naturliebe im Blut.

Bereits als Kind baute Ammann Weiher für Molche, züchtete Mäuse und bestürmte seinen Vater so lange, bis er Hühner halten durfte. Die Wahl des Biologiestudiums war denn auch Herzenssache: «Ich habe mich immer treiben lassen von dem, was ich spannend finde.» Während des Studiums sei Ammann «völlig absorbiert von der Materie» gewesen, doch nach dem Abschluss folgte für ihn die grosse Ernüchterung. Einerseits habe er sich über das Studium geärgert, das ihn zu wenig auf den Arbeitsalltag vorbereitet habe. Andererseits aber auch über sich selbst, weil er sich nie damit auseinandergesetzt hatte: «Dieses Karrieredenken erschliesst sich mir nicht. Nach vorne schauen, einmal irgendwo sein und etwas Bestimmtes machen wollen, das hatte ich nie.»

Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Ammann besuchte einen Blockkurs an einer Geflügelzuchtschule und schaltete kurzerhand ein Inserat in der Schweizerischen Geflügelzeitung. Mit Erfolg, er erhielt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch und arbeitete schliesslich sieben Jahre bei einer Stallbaufirma. «Training on the Job» nennt er es, «eine super Schule, um einen KMUBetrieb umfassend kennenzulernen».

Philippe Ammann mit seinen Hühnern
Philippe Ammann mit seinen Appenzeller Spitzhaubenhühnern.

Voller Einsatz für bedrohte Tiere.

Heute ist Philippe Ammann als Bereichsleiter Tiere und IT sowie als stellvertretender Geschäftsführer bei ProSpecieRara tätig. Die nicht profitorientierte Schweizer Stiftung wurde 1982 gegründet, um gefährdete Kulturpflanzen und Nutztiere vor dem Aussterben zu schützen.

Den Weg dorthin fand Ammann durch Zufall: «Ich habe zwei Lämmer gekauft, ohne zu wissen, dass es sich um Skudde, also ProSpecieRara-Schafe, handelt», erzählt er lachend. Über die Haltung der gefährdeten Tiere lernte er schliesslich die damalige Bereichsleiterin Tiere und somit seine Vorgängerin kennen.

Seit nun genau 20 Jahren setzt er sich für den Schutz und die Förderung bedrohter Nutztierarten ein – selbstredend auch privat: In einem weitläufigen Gehege in seinem Garten leben Appenzeller Spitzhaubenhühner und Schweizer Fehkaninchen.

Geschichten aus Holz.

Gut sieben Jahre dauerte es, bis der Garten fertig gebaut war – danach stand Ammann vor einem Problem: «Ich muss immer etwas zu tun haben, immer wieder etwas Neues machen!» Deshalb hat er sich in der Garage eine Werkstatt eingerichtet, wo er nun Altholz zu neuem Leben erweckt.

Ein Werk aus alten Bleistiften und anderem Altholz
In seiner Werkstatt verschafft der «Altholzflüsterer» altem Holz ein zweites Leben.

Dabei geht es ihm nicht nur um einen bewussten Umgang mit vorhandenen Ressourcen. Sondern er weiss auch zu jedem seiner Werke – seien es Tabletts, Schneide- oder Schlüsselbretter – eine Geschichte zu erzählen. «Ich habe immer einen Bezug zum Holz, ich weiss, woher es kommt», deshalb nennt er sich auch «Altholzflüsterer».

Seine vielen Ideen und Geschichten wirken ansteckend. Nicht nur verkaufen sich seine Werke gut, immer öfter erhält er auch Aufträge. Vielleicht ein neues Standbein für die Zukunft? «Ich habe keine Agenda, kein Ziel, wo ich irgendwann irgendwie sein muss. Vielleicht bin ich auch ein bisschen naiv, aber ich habe immer alles auf mich zukommen lassen und versuche, im Hier und Jetzt das zu machen, was mich interessiert und mir wichtig ist.»

Philippe Ammann studierte Biologie an der Universität Basel. Seit 2003 arbeitet er bei ProSpecieRara als Bereichsleiter Tiere und IT sowie als stellvertretender Geschäftsführer. Ausserdem betreibt er die Werkstatt altholzfluesterer.ch.

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