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Folge mir! (02/2022)

Heikle Daten schützen, aber nutzen.

Text: Tim Schröder

Medizinische Informationen sind streng vertraulich. Zugleich kann ihre Analyse komplexe Zusammenhänge aufdecken und so Patienten helfen. Unter der Leitung der Medizinethikerin Bernice Elger erforscht ein interdisziplinäres Team, wie sich diese wertvollen Daten künftig sicher und sinnvoll nutzen lassen.

Ein Tablet mit Röntgenaufnahmen
Lernende Algorithmen können die Diagnostik unterstützen und Therapien empfehlen. Zugleich gilt es sensible Patientendaten zu schützen. Wie sich beides vereinbaren lässt, erforscht ein Team an der Universität Basel. (Foto: alvarez/iStock)

Die Pulsuhr ist für viele Jogger heute so selbstverständlich wie ein gutes Paar Laufschuhe. Viele Menschen möchten wissen, wie fit sie sind und ob sich ihr Training auszahlt. Die Industrie entwickelt inzwischen sogar Textilien, die über den Schweiss den Laktat-Wert messen können – einen wichtigen Gesundheitsparameter, der Sportlerinnen und auch älteren Menschen sagt, wie gut ihr Stoffwechsel arbeitet.

Die Menge solcher Gesundheitsdaten hat in den vergangenen Jahren dank immer kleinerer Sensoren und der Fortschritte in der Mikroelektronik stark zugenommen. Diese Daten sind eine Fundgrube für detaillierte Informationen über den Gesundheitszustand von Patienten – vor allem, wenn man sie mithilfe der künstlichen Intelligenz auswertet. Denn Computer sind in der Lage, darin unbekannte Zusammenhänge zu entdecken, die der Mensch allein nicht erkennen könnte.

In dem interdisziplinären Kooperationsprojekt «Explain» untersucht ein Team unter der Leitung der Universität Basel, wie sich Blutdruck- und Herzfrequenzwerte oder die Sauerstoffsättigung von Patientinnen während einer Operation nutzen lassen, um die Narkose zu überwachen und Anästhesisten zu unterstützen.

So ist es denkbar, dass Computer anhand solcher Messwerte künftig schneller erkennen können, ob es Komplikationen gibt, ob sich etwa ein Herzstillstand anbahnt. «In den Kliniken sind heute etliche Patientendaten gespeichert, die man nutzen könnte, um Assistenzfunktionen mit künstlicher Intelligenz zu entwickeln», sagt Bernice Elger, Leiterin des Instituts für Bio- und Medizinethik der Universität Basel. Oftmals würden die Patientendaten wegen des Datenschutzes aber nicht angetastet.

«In unserem Projekt untersuchen wir aus ethischer Perspektive, ob und auf welche Weise man die Informationen künftig für digitale Assistenzfunktionen verwenden könnte», erklärt sie. Denn eines sei klar: Der Datenschutz ist ein hohes Gut. Andererseits sei es sinnvoll, die Daten zu nutzen, wenn das am Ende dem Wohl der Patienten diene.

Ein interdisziplinäres Team

Für das Projekt, das durch den Schweizerischen Nationalfonds gefördert wird, hat Bernice Elger Informatiker, Medizinerinnen und Rechtswissenschaftler zusammengeholt. Das Team um den Computerwissenschaftler Carlos Andrés Peña von der Haute Ecole d'Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud (HEIG-VD) etwa versucht den Computern und Algorithmen beizubringen, den Menschen ihre Entscheidungen zu erklären.

Die Idee zu dem Projekt ergab sich aus einer längeren Zusammenarbeit mit Prof. Luzius Steiner, dem Leiter der Anästhesiologie des Universitätsspitals Basel, erzählt Bernice Elger, die früher als Internistin gearbeitet hat und den Klinikbetrieb sehr gut kennt: «Luzius Steiner und ich kamen zu dem Schluss, dass esviel zu schade ist, Patientendaten ungenutzt auf den Servern einer Klinik zu speichern, weil man sie vielfältig verwenden kann. Nur wirft das technische und ethische Fragen auf.»

Insofern sei es das Ziel von «Explain», die verschiedenen Disziplinen zusammenzubringen, um diese Fragestellungen zu klären. «Wenn Ärzte und Spezialistinnen für künstliche Intelligenz eng zusammenarbeiten, dann hilft uns das dabei, verständliche Technik zu entwickeln und gewinnbringend im Klinikalltag einzusetzen.»

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