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Familien im Wandel. (02/2020)

Globale Herausforderungen und Coronakrise.

Text: Pascale Baeriswyl

Pascale Baeriswyl studierte in Basel Jura, Geschichte sowie Französische Literaturwissenschaft und Linguistik. Heute ist sie Botschafterin bei der UNO in New York.

Schweizer UNO-Botschafterin: Pascale Baeriswyl vor New Yorker Kulisse. (Foto: René Erdin)
Schweizer UNO-Botschafterin: Pascale Baeriswyl vor New Yorker Kulisse. (Foto: René Erdin)

Am 26. Juni 1945 unterzeichneten 50 Staaten in San Francisco die Charta der Vereinten Nationen. Zwei Monate lang hatten 850 Delegierte verhandelt, bevor sie das visionäre Dokument einstimmig verabschiedeten. Auf den Tag 75 Jahre später bin ich als Ständige Vertreterin der Schweiz bei der UNO akkreditiert worden. Virtuell, denn New York ist wegen der Pandemie im Ausnahmezustand. Tausende Menschen haben hier ihr Leben verloren. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind noch nicht abschätzbar. Der Krisenmodus im Berufsalltag spiegelt deshalb die globalen Herausforderungen, über deren Bewältigung wir jeden Tag debattieren.

Wie vertrete ich in diesen speziellen Zeiten mit meinem 40-köpfigen Team am East River die Schweiz? Churchill meinte einst: «Die UNO wurde nicht gegründet, um uns den Himmel zu bringen, sondern um uns vor der Hölle zu bewahren.» Ich formuliere es nüchterner: Die UNO ist mit ihren 193 Mitgliedstaaten die universellste Organisation der Welt. Ihr Hauptsitz ist ein Ort, wo alle staatlichen und viele andere Akteure zu Wort kommen, um über Krisenprävention zu diskutieren, Beiträge für Menschen in Not zu sprechen oder globale Standards zu entwickeln. Man kann das Ende des Multilateralismus heraufbeschwören oder ihn überhöhen. Tatsache bleibt: Hier kommen viele und vieles zusammen. In Zeiten der Polarisierung fallen Kompromisse schwer. Aufgrund unserer Kultur des Dialogs sind wir häufig gefragte Brückenbauer. Das liegt auch in unserem Eigeninteresse, sind wir doch als globalisierte Exportnation mit einer humanitären Tradition auf ein geregeltes Kräftespiel angewiesen.

Wie engagieren wir uns konkret? Im Entwicklungsbereich gestalten wir als Beitragszahlerin mit, wie die UNO Hilfe vor Ort leistet, etwa nach der Explosion in Beirut. Im Juli wurde ich als Vizepräsidentin des Wirtschafts- und Sozialrats gewählt, der versucht, die Konsequenzen der Pandemie abzufedern. Leitdokument dafür ist die Nachhaltigkeitsagenda 2030, die auch Wege aus der Klimakrise aufzeigt. Bei den Menschenrechten setzen wir unseren Akzent unter anderem auf die Förderung der Frauenrechte. Und für 2023/24 hat der Bundesrat aufgrund unserer Tradition in der Friedensförderung eine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat eingereicht. Bisher ist unser Einsitz im Rat unbestritten. Er bedeutet aber, dass wir den Einsatz für Frieden und Sicherheit noch verstärken.

«The city that never sleeps» wurde von der Krise hart getroffen. Von Gemütlichkeit ist im «globalen Dorf» momentan nicht viel zu spüren. Die Resilienz und Solidarität zwischen den Menschen beeindruckt uns aber. Es ist dieser «Esprit», den wir an die UNO tragen möchten, um die Herausforderungen gemeinsam anzugehen.

Pascale Baeriswyl studierte an der Universität Basel Jura, Geschichte sowie Französische Literaturwissenschaft und Linguistik. Sie arbeitete als Forscherin und diente als ordentliche Richterin am Basler Zivilgericht. 2000 trat sie in den diplomatischen Dienst ein, in dem sie auch an der Botschaft in Hanoi sowie auf den Schweizer Missionen bei der EU in Brüssel und bei der UNO in New York arbeitete. 2016 ernannte sie der Bundesrat zur ersten weiblichen Staatssekretärin und Chefdiplomatin der Schweiz. Seit Juni 2020 ist sie Botschafterin bei der UNO in New York.

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