«Ich habe hier meine zweite Familie gefunden» – das bewegte Leben im Studierendenheim
 
            
            Seit 60 Jahren finden Studierende im Studentenheim an der Mittleren Strasse ein Zuhause. Hier prallen verschiedene Hintergründe, Sprachen, Interessen und Bedürfnisse aufeinander. Die drei Studierenden Maria, Giulia und Mikolaj öffnen uns die Türen und zeigen einen ehrlichen Einblick in das bunte Leben im Wohnheim.
Das Studentenheim Basel ist eines der wenigen Studierendenheime in Basel; und so ist es seit seiner Eröffnung auch durchgehend komplett ausgebucht. Wo 1965 erstmal nur Studenten einquartiert wurden, wurden ab 1982 die Türen endlich auch für Studentinnen geöffnet. Heute steht das Wohnheim für Offenheit und Diversität. Herkunft, Alter, Geschlecht und Studienrichtung sowie -stufe sind bunt durchmischt. Das verbindende Element ist vor allem die Zugehörigkeit zur Universität und Stadt Basel. Dass das auch den Alltag im Studentenheim Basel spürbar prägt, wird schon nach kurzer Zeit im Gespräch mit drei jungen Studierenden klar, die schon mehrere Jahre hier wohnen.
Eine zweite, 98-köpfige Familie unter einem Dach
Mikolaj Siemaszkiewicz, der im Sommer seinen Bachelor in Computer Science abschliessen wird, ist für sein Studium von Polen in die Schweiz gekommen. Vor etwas mehr als drei Jahren zog er im Studentenheim Basel ein, nachdem er übergangsweise ein Jahr in einer kleineren WG untergekommen war. Für das Zimmer im Studentenheim war er mit seiner Bewerbung nämlich zu spät dran und wurde abgelehnt. Die erste Basler WG-Erfahrung war dann ganz anders als das Leben im Heim. «Es war nicht sehr sozial, ganz anders als hier. Ich dachte, ich sei einfach introvertiert und brauch nicht viele soziale Kontakte; nach einiger Zeit merkte ich aber, dass ich scheinbar doch ganz gerne unter Menschen bin und das sogar sehr geniesse», sagt der 23-Jährige schmunzelnd.
Auch die Tessinerin Giulia Lucanto erzählt, dass sie sich nach einiger Zeit nicht nur wohl, sondern richtig zuhause gefühlt habe. «Am Anfang war es nicht einfach. Ich war 19 und zog zum ersten Mal von meinem Zuhause aus und war es nicht gewohnt, alleine zu wohnen. Deswegen war ich auch so froh, hier im Studentenheim einen Platz bekommen zu haben», so die heute 21-Jährige. «Ich habe hier meine zweite Familie gefunden. Wenn ich hier bin, vermisse ich meine Familie im Tessin. Wenn ich aber dort bin, vermisse ich meine Familie hier.» Das Studentenheim sei für sie auch ein wichtiger Faktor gewesen, um überhaupt in Basel zu studieren; ihr Studiengang Molekularbiologie hätte sie auch nach Bern verschlagen können. Durch Maria, die sie bereits aus dem Tessin kannte, habe sie von dieser Wohnmöglichkeit erfahren und sich sogar noch vor der Anmeldung zum Studium beim Wohnheim beworben.
Für Maria Piccirilli, die aktuell ihren Master in Germanistik und Geschichte macht, bedeutete der Neustart in Basel ein Ausbrechen aus ihrem vorherigen Leben im Tessin. Sie wollte weg, brauchte einen Wandel in ihrem Umfeld. Und so meldete sie sich für ein Studium an der Universität Basel an, an einem Ort, wo sie kaum jemanden kannte und baute sich hier ein neues Leben auf. Ein Leben, das seither definitiv sehr stark von Wandel geprägt ist. «Jeder Semesterstart ist ein Neuanfang, denn manche Studierende ziehen aus, andere kommen an und es fühlt sich dadurch immer wieder wie ein neues Ökosystem an», berichtet Maria. Das sei für alle Bewohnenden aufregend und es brauche auch seine Zeit, bis sich alles eingependelt habe. «Ich finde aber, das macht das Leben hier auch so schön», erklärt die Masterstudentin lächelnd.
Die bunte Küche als Mittelpunkt des Lebens
Diese schönen, manchmal anstrengenden und nur selten konfliktreichen Momente scheinen sich häufig an einem Ort abzuspielen: in der Küche. Ein Aufenthalts- aber auch Aushandlungsraum. Die fast 100 Studierenden sind auf fünf Gemeinschaftsküchen aufgeteilt, bei der jede eine eigene Farbe hat. Maria und Giulia gehören zur roten Küche, Mikolaj wurde der gelben Küche zugeteilt. Das strukturiert den Wohnraum und teilt die Bewohnenden in Gruppen von rund 18 Personen auf, gibt aber auch dem sozialen Leben eine Form. Denn viele Events würden innerhalb der Küchen organisiert und hier entstehen die engsten Kontakte und ein Zugehörigkeitsgefühl. Und damit viel Nähe, die klare Regeln, Kommunikation und manchmal auch einfach ein zugedrücktes Auge erfordert.
Mikolaj erklärt: «Jeder hat unterschiedliche Vorstellungen davon, was ‹sauber› bedeutet. Da kommt es auch mal zu Spannungen. Aber grundsätzlich ist unsere Küche sehr sozial und aktiv. Wir organisieren Filmabende und kochen gemeinsam.» Auch die rote Küche handhabe das ähnlich: «Wir organisieren regelmässige ‹Kitchen Dinners›, wo wir Spezialitäten aus verschiedenen Ländern probieren. Oder wir machen spontane Spieleabende, gehen Rheinschwimmen oder in einen Park», so Maria.
Gemeinsam im Limbus
Im Limbus, dem Gemeinschaftsraum im Keller, finden alle Bewohnenden zusammen, sei es für Karaoke Nights oder fürs gemeinsame Mitfiebern bei Fussballübertragungen. Die Identifikation mit einer farbigen Küche bietet den perfekten Nährboden für Wettkämpfe aller Art. So treten bei Ping-Pong-Turnieren die Küchengemeinschaften in einem grossen Event gegeneinander an. Der Begriff «Limbus» beschreibt übrigens in der Theologie die Vorhölle, doch es wird schnell klar, dass hier eine andere metaphorische Bedeutung zum Tragen kommt. Und zwar wirkt der Limbus hier vielmehr als ein Raum des Übergangs, ein Ort zwischen Ordnung und Chaos, Innen und Aussen, Bekanntem und Unbekanntem. Ein Ort, der in einem Studierendenwohnheim nicht überrascht, wo Diversität die Grundlage und die einzige Konstante der Wandel ist. Ein Ort, der die bewegte Dynamik des Studentenheims Basel auch nach 60 Jahren noch auf den Punkt bringt.
Und genau diese Dynamik bedeutet aber auch, häufig loslassen zu müssen. Es sei, so Mikolaj, hier sehr leicht, Freundschaften zu schliessen. Früher oder später verlässt aber jeder und jede die Wohngemeinschaft und das bedeutet immer und immer wieder Abschied, der schwerfällt. So gehe es auch den beiden Studentinnen, wobei Maria betont, dass ihre Freundschaften diese räumliche Trennung auch überdauern würden. «Ich bin sehr traurig, wenn diese Menschen, die mir hier sehr wichtig geworden sind, wieder gehen.» Sie sieht aber auch die Vorteile des Loslassens. So beschreibt Maria begeistert ihr Beziehungsnetz, das zwar die Räumlichkeiten an der Mittleren Strasse verlassen hat, dafür mittlerweile die ganze Welt überspannt.
Mikolaj, Giulia und Maria können und wollen noch kein fixes Enddatum für ihre Zeit im Studentenheim Basel festlegen. Und so verbleiben sie (vorerst) noch im Limbus, in diesem besonderen, fast magischen Zustand, der das Studium doch irgendwie auch ausmacht.
60 Jahre Studentenheim Basel
Am 17. Oktober 2025 wurde mit einem Festakt das 60-jährige Jubiläum des Studentenheims Basel gefeiert.
Gaudenz Henzi, Präsident der Genossenschaft, und Karin Löpfe, aktuelle Heimleiterin, blickten auf die bewegte Geschichte des Hauses zurück. Regierungsrat Mustafa Atici und Vizerektor Lehre Prof. Dr. Thomas Grob würdigten in ihren Ansprachen das Studentenheim Basel als wichtigen Ort des Basler Campuslebens.
Interessiert?
Für 99 Studierende gibt es 96 möblierte Einzelzimmer (ca. 12m2, eine kleine 2-Zimmer-Wohnung und ein rollstuhlgängiges Studio. Die monatliche Standardmiete beträgt CHF 510 bis CHF 640. Ausländische Studierende machen gut die Hälfte der Bewohnenden aus, der Rest stammt aus diversen Schweizer Kantonen. 
Mehr Informationen und Anmeldung
 
		 
             
                                 
                                 
                                 
                                 
                             
                             
                            