Eine zweite Chance in der Fremde.
Text: Céline Emch
Wer seine Heimat verlässt, muss anderswo wieder bei null beginnen. Die Hürden sind riesig. Umso wertvoller ist Hilfe beim Start ins Unbekannte.
Shamsurahman Feruten sah sich einem Berg an Hindernissen gegenüber, als er 2018 als Geflüchteter in die Schweiz kam. «Ich fühlte mich, als stünde ich vor einer riesigen Mauer», beschreibt der Afghane seine ersten Monate in der Schweiz.
Trotz dieser Hürde hatte er ein klares Ziel vor Augen: «Ich wollte ein zweites Studium beginnen, um meine Zukunft in der Schweiz zu verbessern.» Heute steht der ehemalige Diplomat kurz vor dem Abschluss seines Masterstudiums Changing Societies an der Universität Basel.
Doch der Weg dorthin war steinig: Sprachbarrieren, rechtliche Fragen und finanzielle Unsicherheiten erschwerten seinen Start. Genau hier wurde der Offene Hörsaal Basel zu seiner Rettungsleine.
Strukturen, die tragen
Das studentische Projekt ermöglichte Feruten nicht nur, Vorlesungen als Hörer zu besuchen, sondern bot auch Sprachkurse und Orientierung im universitären Umfeld – von der Anmeldung über Stipendien und den Zugang zum Unisport bis hin zur Vernetzung mit anderen Studierenden. Ein zentrales Element war dabei das Buddy-Programm, bei dem Geflüchtete von einem Kommilitonen im Uni-Alltag begleitet werden und bei Fragen ein offenes Ohr finden. «Mein Buddy ist heute wie ein Bruder für mich», erzählt Feruten.
Nach nur zwei Semestern als Hörer konnte er sein Masterstudium aufnehmen. «Ich glaube, der Verein Offener Hörsaal weiss gar nicht, wie wichtig seine Arbeit ist. Sie retten Leben nicht mit Geld, sondern mit Menschlichkeit, Ehrlichkeit und kleinen Taten, die alles verändern. Nur durch sie habe ich eine zweite Chance bekommen», so Feruten.
Rückblickend betont Feruten die zentrale Rolle der Sprache: «Zu Beginn muss man seine gesamte Energie in das Erlernen der Sprache setzen.» Seit 2022 unterstützt er andere dabei, indem er Geflüchteten Deutschkurse in der Universitätsbibliothek gibt und ihnen so den Start in der Schweiz erleichtert. «Sprache ist mehr als Kommunikation. Sie ist der Schlüssel, der die Türen zu Gesellschaft, Kultur, Arbeit und Freundschaften öffnet. Nur damit kann man die Mauer schlussendlich durchdringen», ist Feruten überzeugt. Sein Weg zeigt, dass ein Neustart für Geflüchtete nicht nur eine individuelle Herausforderung ist, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Unterstützung auf vielen Ebenen erfordert.
Angebote der Universität.
Seit 2023 wird der Offene Hörsaal durch die Koordinationsstelle für Geflüchtete ergänzt. Geflüchtete Studierende finden hier Unterstützung während ihres Studiums. Die Koordinationsstelle bietet ein breites Beratungsangebot zu den Themen Finanzen, Migration sowie Studienfortschritt und hilft bei psychosozialen Anliegen. Sie unterstützt nach Bedarf auch bei der Korrespondenz mit verschiedenen offiziellen Stellen wie zum Beispiel mit der Sozialhilfe und dem Migrationsamt.
Weitere Artikel in dieser Ausgabe von UNI NOVA (November 2025).
