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Neuanfang. (02/2025)

Ist ein hohes Alter erstrebenswert, Frau Bischoff-Ferrari?

Text: Heike Bischoff-Ferrari, Altersmedizinerin

Lange leben möchte jeder. Aber wie bleiben wir möglichst lange fit und gesund? Und welche offenen Fragen birgt die steigende Lebenserwartung? Antworten aus der Altersmedizin.

Porträtskizze von Heike Bischoff-Ferrari
Heike Bischoff-Ferrari (Illustration: Astrid Nippoldt)

Die meisten Menschen möchten nicht um jeden Preis uralt werden. Die Aussicht auf einen langen Lebensabend geprägt von zunehmenden körperlichen Gebrechen scheint wenig rosig. Vielmehr wünschen sich wohl alle, die gesunden Lebensjahre auszuweiten und die Phase der Gebrechlichkeit auf einen kurzen Lebensabschnitt zurückzudrängen.

Ein hohes Alter ist also vor allem dann erstrebenswert, wenn wir möglichst lange gesund und aktiv bleiben können. Im Zentrum dieses Bestrebens steht, den biologischen Alterungsprozess zu verlangsamen. Denn dieser ist der gemeinsame Hauptrisikofaktor aller chronischen Krankheiten wie Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die alternde Gesellschaft ist ein zentrales Thema unserer Zeit. Seit 2020 haben wir erstmals in der Geschichte mehr Menschen im Alter von über 65 Jahren als Kinder unter fünf Jahren. Laut Hochrechnungen wird bereits 2050 jeder dritte Mensch in Europa 65 Jahre und älter sein.

Dabei hinkt aber die gesunde Lebenserwartung in Europa (im Mittel 64 Jahre) hinter der totalen Lebenserwartung (im Mittel 80 Jahre) hinterher. Die Schweiz ist Spitzenreiterin in Europa, sowohl in der totalen wie auch der gesunden Lebenserwartung – im Mittel 84 beziehungsweise 71 Jahre.Gesamtgesellschaftlich und wirtschaftlich steht die Schweiz damit relativ gut da.

Im Vergleich dazu sind Deutschland und die USA damit konfrontiert, dass die Menschen zwar älter werden, die Anzahl gesunder Lebensjahre aber stagniert. Woran das liegt, lässt sich seit wenigen Jahren mit neuen Methoden genauer entschlüsseln: Anhand molekularer Marker lässt sich das biologische Altern messen und mit verschiedenen Faktoren wie Lebensstil, Umwelteinflüssen oder auch Genetik in Beziehung setzen. Solche Analysen zeigen, was den Alterungsprozess wie stark beeinflusst, und damit eröffnen sich neue und effiziente Möglichkeiten der Prävention und Behandlung von chronischen Erkrankungen und Funktionsverlusten.

So wissen wir heute, dass unsere Gene nur einen kleinen Teil (10–30 Prozent) der Variabilität unserer Lebenserwartung erklären. Der Rest (70 bis 90 Prozent) ist durch Umwelt, sozioökonomische Faktoren und ganz zentral durch unseren Lebensstil bestimmt. Lebensstilfaktoren sind heute die vielversprechendsten – und zugänglichsten – Hebel, um unsere gesunde Lebenserwartung zu verlängern. Dazu zählen eine gesunde mediterrane Ernährung, Bewegung, soziale Interaktion, ausreichend Schlaf, Meditation, neue Dinge lernen und nicht rauchen.

Heike Bischoff-Ferrari ist seit 2025 Professorin für Geriatrie an der Medizinischen Fakultät und leitet das Departement Altersmedizin an der Universitären Altersmedizin Felix Platter. Auf Basis der DO-HEALTH-Studie von 2012 bis 2017 unter ihrer Leitung etabliert sie derzeit mit einem internationalen Forschungskonsortium den Schweizer Campus für gesunde Langlebigkeit.


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