Chemiker entwickeln Molekül für wichtigen Schritt hin zu künstlicher Fotosynthese
Ein Forschungsteam der Universität Basel hat ein neues Molekül entwickelt, das sich die Fotosynthese von Pflanzen zum Vorbild nimmt: Unter Lichteinfluss speichert es gleichzeitig zwei positive und zwei negative Ladungen. Ziel ist, Sonnenlicht in CO2-neutrale Treibstoffe umzuwandeln.
25. August 2025
Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichts, um CO2 in energiereiche Zuckermoleküle umzuwandeln. Dieser Vorgang wird Fotosynthese genannt und ist die Grundlage praktisch allen Lebens: Tiere und Menschen können die so produzierten Kohlenhydrate wieder «verbrennen» und die darin gespeicherte Energie nutzen. Dabei entsteht wieder Kohlendioxid, der Kreislauf schliesst sich.
Dieses Vorbild könnte auch der Schlüssel zu umweltfreundlichen Treibstoffen sein: Forschende arbeiten daran, die natürliche Fotosynthese zu imitieren und mit Sonnenlicht energiereiche Verbindungen herzustellen: sogenannte Solartreibstoffe wie Wasserstoff, Methanol oder synthetisches Benzin. Werden sie verbrannt, entsteht nur so viel Kohlendioxid, wie zur Produktion der Treibstoffe gebraucht wurde. Sie wären also CO₂-neutral.
Molekül mit besonderem Aufbau
Prof. Dr. Oliver Wenger und sein Doktorand Mathis Brändlin berichten nun im Fachjournal «Nature Chemistry» von einem wichtigen Zwischenschritt hin zu dieser Vision einer künstlichen Fotosynthese: Sie haben ein besonderes Molekül entwickelt, das unter Lichteinstrahlung vier Ladungen gleichzeitig speichern kann – je zwei positive und zwei negative.
Das zwischenzeitliche Lagern von mehreren Ladungen ist eine wichtige Voraussetzung, um Sonnenlicht in chemische Energie umzuwandeln: Die Ladungen lassen sich nutzen, um Reaktionen anzutreiben – etwa um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten.
Das Molekül besteht aus fünf Teilen, die in einer Reihe verknüpft sind und jeweils eine bestimmte Aufgabe erfüllen. Auf der einen Seite des Moleküls sitzen zwei Teile, die Elektronen abgeben und dabei positiv geladen werden. Zwei auf der anderen Seite nehmen die Elektronen auf und werden dadurch negativ geladen. In der Mitte platzierten die Chemiker einen Baustein, der Sonnenlicht einfängt und die Reaktion (die Elektronenübertragung) startet.
Zwei Schritte mit Licht
Um die vier Ladungen zu erzeugen, gingen die Forscher schrittweise mit zwei Lichtblitzen vor. Der erste Lichtblitz trifft auf das Molekül und löst eine Reaktion aus, bei der eine positive und eine negative Ladung entstehen. Diese Ladungen wandern jeweils nach aussen an die gegenüberliegenden Enden des Moleküls. Beim zweiten Lichtblitz geschieht die gleiche Reaktion nochmal, so dass das Molekül nun zwei positive und zwei negative Ladungen enthält.
Funktioniert mit schwachem Licht
«Diese schrittweise Anregung erlaubt es, deutlich schwächeres Licht zu nutzen. Wir bewegen uns damit schon in der Nähe der Stärke von Sonnenlicht», erklärt Brändlin. In früheren Forschungsarbeiten war extrem starkes Laserlicht nötig, was weit von der Vision einer künstlichen Fotosynthese entfernt war. «Ausserdem bleiben die Ladungen im Molekül lange genug stabil, um sie für weitere chemische Reaktionen zu nutzen.»
Zwar ist mit dem neuen Molekül noch kein funktionierendes künstliches Fotosynthese-System geschaffen. «Aber wir haben ein wichtiges Puzzleteil identifiziert und realisiert», sagt Oliver Wenger. Die neuen Erkenntnisse aus der Studie tragen dazu bei, die für die künstliche Fotosynthese zentralen Elektronentransfers besser zu verstehen. «Wir hoffen, damit zu neuen Perspektiven für eine nachhaltige Energiezukunft beizutragen», so Wenger.
Originalpublikation
Mathis Brändlin, Björn Pfund, Oliver S. Wenger
Photoinduced Double Charge Accumulation in a Molecular Compound
Nature Chemistry (2025), doi: 10.1038/s41557-025-01912-x