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Neuanfang. (02/2025)

Forscherin für eine nachhaltigere Chemie.

Text: Yvonne Vahlensieck

Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen und sind essentiell für die Industrie. Aber es gibt Verbesserungspotenzial. Murielle Delley will diese Stoffe effizienter und umweltfreundlicher machen.

Murielle Delley in ihrem Büro am Departement Chemie
Murielle Delley hat zwar nur noch selten Gelegenheit, selbst Experimente im Labor durchzuführen, aber sie begleitet die Forschung mit Ideen und Diskussionen. (Foto: Christian Flierl)

Schon als Kind wollte Murielle Delley immer herausfinden, wie etwas funktioniert. Dieser Entdeckerinnengeist führte sie zu einem Chemiestudium an die ETH Zürich und zu ihrer Forschung an katalytischen Prozessen. Ohne Katalysatoren wäre die Welt eine andere: Es gäbe zum Beispiel kaum Stickstoffdünger für die Landwirtschaft, und die Weltbevölkerung liesse sich schon lange nicht mehr ernähren.

Auch für die Produktion vieler Medikamente sind sie unerlässlich. «Ohne Katalysatoren würden viele chemische Prozesse gar nicht erst ablaufen oder man müsste sehr viel Energie hineinstecken», sagt Delley, die heute Assistenzprofessorin am Departement Chemie der Universität Basel ist.

Bei 80 Prozent aller chemischen Produkte kommen Katalysatoren zum Einsatz. Obwohl sie recht gut funktionieren, gibt es noch viel Luft nach oben. Hier setzt Murielle Delley an: Sie will wirkungsvollere und nachhaltigere Katalysatoren entwickeln. Für ihre zukunftsweisende Forschung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Chemie hat die Nachwuchsforscherin schon zahlreiche Grants, Stipendien und Preise erhalten.

Weg von den seltenen Elementen

«Die heutigen Katalysatoren haben noch viele Nachteile», erklärt Delley. Zum einen sind sie oft nicht spezifisch für eine bestimmte Reaktion – das heisst, es entstehen viele unerwünschte Abfallstoffe, und das Endprodukt muss zusätzlich aufgereinigt werden.

Auch brauchen viele chemische Prozesse trotz Unterstützung durch einen Katalysator immer noch viel Zufuhr an Energie, meist in Form von Wärme. Hinzu kommt, dass viele Katalysatoren aus Edelmetallen wie Platin bestehen, deren Vorkommen begrenzt ist. Deshalb nimmt Delley nun eine Gruppe von anderen Materialien genauer unter die Lupe – die sogenannten Übergangsmetall-Phosphide und Übergangsmetall-Sulfide. Diese bestehen neben Phosphor oder Schwefel aus Elementen wie zum Beispiel Eisen, die reichlich auf der Erde vorhanden sind. «Sie sind für uns besonders interessant, weil sie gewisse katalytische Eigenschaften haben, die denen von Edelmetallen ähneln», sagt Delley.

Gezielte Suche statt Ausprobieren

Ihr Team untersucht die katalytischen Prozesse auf der Oberfläche von Übergangsmetall-Phosphiden und Übergangsmetall-Sulfiden. Keine leichte Aufgabe: «Auf so einer Oberfläche laufen gleichzeitig an verschiedenen Stellen unterschiedliche Reaktionen ab», sagt sie. Diese Prozesse sind bis heute nicht verstanden. Und genau das fasziniert sie daran: «Da gibt es noch viel herauszufinden.» Um das Puzzle dieser komplexen Abläufe zu entschlüsseln, wendet sie eine Vielzahl an Techniken an, darunter verschiedene Arten von Mikroskopie und Spektroskopie. Weitere Ideen stammen aus biologischen Systemen, denn auch dort finden katalytische Vorgänge statt. Delley versucht auf innovative Weise, die Tricks der Natur auf der Oberfläche ihrer Katalysatoren nachzuahmen, zum Beispiel durch das Anlegen eines elektrischen Felds.

Murielle Delley wurde 1989 in Schlieren ZH geboren und studierte Chemie an der ETH Zürich. Für ihre Doktorarbeit erhielt sie 2019 die ETH-Medaille und den Prix Schläfli. Nach einem Forschungsaufenthalt an der amerikanischen Yale University wechselte Murielle Delley an die Universität Basel, wo sie seit 2020 ihre eigene Forschungsgruppe leitet. 2023 wurde sie Tenure-Track-Assistenzprofessorin für Anorganische Chemie. Im vergangenen Jahr erhielt die 35-jährige Schweizerin den Ruzicka-Preis für herausragende Nachwuchsforschende auf dem Gebiet der Chemie. Murielle Delley wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im basellandschaftlichen Bottmingen

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