Machen Kohlenhydrate dick?
Text: Eleonora Seelig
Keine Kohlenhydrate nach 18 Uhr oder sie gleich ganz aus der Ernährung verbannen: «Low Carb» gilt als erfolgversprechende Methode zum Abnehmen. Muss wirklich auf Pasta und Brot verzichten, wer das Wunschgewicht erreichen will?
Kohlenhydrate zählen zu den Hauptnährstoffen unserer Ernährung und sind für den Körper, vor allem für das Gehirn, eine essenzielle Energiequelle. Es gibt drei Typen von Kohlenhydraten: Zucker, Stärke und Ballaststoffe. Sie unterscheiden sich darin, ob und wie schnell sie im Darm verdaut und ins Blut aufgenommen werden. Zucker liefert rasch verfügbare Energie. Stärkeprodukte lassen den Blutzucker langsamer ansteigen, weil der Körper länger braucht, um sie aufzubrechen und zu verarbeiten. Ballaststoffe werden dagegen kaum aufgenommen.
Der schlechte Ruf der Kohlenhydrate als «Dickmacher» geht vor allem auf westliche Ernährungsmuster zurück. Stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zuckeranteil – wie Softdrinks oder süsse Snacks – enthalten viele Kalorien, lassen den Blutzucker rasch ansteigen, sättigen aber kaum. Deshalb meldet sich bald wieder der Hunger und man isst tendenziell mehr als nötig.
Die Kalorienbilanz ist entscheidend
Eine langfristige positive Energiebilanz, also wenn die Kalorienaufnahme den -verbrauch übersteigt, begünstigt Übergewicht und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden. Entscheidend ist nicht, wie viele Kohlenhydrate ein Nahrungsmittel enthält, sondern wie hoch deren Qualität, Menge und Verarbeitungsgrad ist. Umgekehrt gilt: Wenn der Körper über einen längeren Zeitraum weniger Energie aufnimmt, als er verbraucht, nehmen wir ab – unabhängig davon, ob die Kalorien aus Kohlenhydraten, Fetten oder Proteinen stammen.
Low-Carb-Diäten können zwar kurzfristig zu Erfolgen führen, sind langfristig aber nicht wirksamer als ausgewogene Diäten mit moderater Portionenreduktion aller Makronährstoffe, also weniger Kohlenhydrate, Fette und Proteine.
Qualität statt Verzicht
Wichtiger als Kohlenhydrate wegzulassen, ist die Qualität der Ernährung: Wer sich überwiegend von unverarbeiteten Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Vollkorn ernährt, nimmt nachhaltiger ab als Personen, die häufig stark verarbeitete Produkte wie Fertiggerichte oder industriell hergestellte Backwaren mit vielen Zusatzstoffen essen. Demnach entscheiden nicht Kohlenhydrate an sich über den Gewichtsverlauf, sondern Kalorienbilanz und Lebensmittelqualität. Ein Ernährungsstil, der zum eigenen Alltag passt und beispielweise berücksichtigt, wie körperlich aktiv man ist, erhöht die Chance, das Wunschgewicht dauerhaft zu halten.
Quellen erschienen in
Cochrane Database of Systematic Reviews (2022), doi: 10.1002/14651858.CD013334.pub2
und in Nature Medicine (2025), doi: 10.1038/s41591-025-03842-0
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