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Naher Osten – Region in Bewegung (01/2019)

Als Theologin im Recruiting.

Interview: Bettina Volz-Tobler

Gabriela Brahier Stark hat als Katholikin in Basel reformierte Theologie studiert. Nach dem Vikariat in einer Bündner Gemeinde konvertierte sie und wirkte als reformierte Pfarrerin in Reinach BL. Parallel dazu wurde sie mit einer Arbeit über Ethik promoviert und erhielt ein Postdoc-Stipendium. Darauf fand sie den Weg in die Privatwirtschaft, als sie zu einem Recruiting-Unternehmen wechselte.

Gabriela Brahier Stark.
Gabriela Brahier Stark.

UNI NOVA: Frau Brahier Stark, wie sind Sie zur Studienwahl Theologie gekommen?

BRAHIER: Das Theologiestudium erschien mir einfach von Anfang an sehr spannend. Es beschäftigt sich sprichwörtlich mit «Gott und der Welt» und bietet so Einblick in die unterschiedlichsten Lebensbereiche des Menschen. Das spiegelt sich in dem breiten Fächerkanon wider: alte Sprachen, Philosophie, Ethik, Geschichte, dazu die biblischen Geschichten, christliche Tradition und die verschiedenen Ausdrucksformen von Religion. Für mich stand eher das Interesse an diesen vielfältigen, den Menschen betreffenden Fragestellungen im Vordergrund als eine religiöse Motivation im engeren Sinn. Gerade die theologische Ethik bietet Antworten auf zentrale Fragen des menschlichen Daseins, die für unsere Gesellschaft wie auch für Unternehmen und ihre Entwicklung bedeutsam sind und von denen wir konkret im Alltag profitieren können. Die Theologie ist also gar nicht etwa «verstaubt», wie ihr oft nachgesagt wird, sondern im Gegenteil sehr gegenwartsrelevant.

UNI NOVA: Wieso sind Sie zur Recruiting-Spezialistin geworden?

BRAHIER: Aus dem gleichen Grund, aus dem ich Theologie studiert habe. Im Zentrum steht für mich der Mensch – heute in seinem beruflichen Umfeld. Ich kann mich mit einer grossen Vielfalt beschäftigen, indem ich verschiedene Positionen in den unterschiedlichsten Unternehmen besetze. Schlüsselpositionen in der Wirtschaft mit der richtigen Person zu besetzen, ist ebenso herausfordernd wie spannend und formt idealerweise nachhaltige Unternehmensstrukturen. Durch das Recruiting wird eine Gesellschaft aktiv mitgestaltet.

UNI NOVA: Gibt es denn Parallelen zur Theologie?

BRAHIER: Zunächst lehrte mich das Pfarramt ganz grundsätzlich, wie man an Menschen herantritt und ihnen zuhört. In einer international tätigen Unternehmensberatung unterstütze ich Firmen auf Management-Ebene bei der Entwicklung ihrer Unternehmenskultur. Ich leitete auch Coachings zu Führung und Persönlichkeitsentwicklung sowie Assessments. Dabei sah ich, dass die Menschen in ihrem Beruf, bei dem sie viel Zeit verbringen, vermehrt nicht nur das Ökonomische, sondern auch eine gewisse Sinnhaftigkeit suchen. Theologie und Pfarramt haben mir für meine heutige Tätigkeit ein wertvolles Instrumentarium mitgegeben: Menschenkenntnis, ein Gespür für Menschen und Situationen, eine ganzheitliche Denkweise und ein Verständnis für gesellschaftliche und unternehmerische Zusammenhänge. Nebenbei geniesse ich es heute noch ab und zu, Taufen und Trauungen zu gestalten, und bleibe so auch dem schönen Pfarrberuf treu.

UNI NOVA: Was ist Ihnen aus dem Studium in Basel besonders geblieben?

BRAHIER: Die Professorinnen und Professoren waren ausserordentlich engagiert. Ich habe es sehr geschätzt, wie sie ihr Fachgebiet reflektiert und spannend vermittelt und zugleich aus ihrer Optik aktiv zum gesellschaftlichen Diskurs beigetragen haben: in Medienbeiträgen, interdisziplinären Tagungen usw. Zudem sind mir spannende und lehrreiche Studienreisen geblieben – und die ausgeprägte Fördermentalität, die uns Studierenden entgegengebracht wurde und die uns Türen für unseren weiteren Werdegang geöffnet hat.

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