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Eine Künstlerin im Wandel

Das Selbstporträt zeigt Ré Soupault (1901–1996) in Basel 1950, mit einer Tasse in der Hand.
Ré Soupault (1901–1996) im Selbstporträt 1950 in Basel. (Foto: ©2021 ProLitteris, Zürich)

Avantgardekünstlerin, Übersetzerin, Radiojournalistin: Ré Soupault entdeckt in immer wieder neue Felder für sich und kommt weit auf der Welt herum. Eine wichtige Station in ihrem bewegten Leben ist Basel. Die Ausstellung «Es war höchste Zeit…» in der Universitätsbibliothek Basel beleuchtet das vielfältige Schaffen der Künstlerin.

18. Mai 2021

Das Selbstporträt zeigt Ré Soupault (1901–1996) in Basel 1950, mit einer Tasse in der Hand.
Ré Soupault (1901–1996) im Selbstporträt 1950 in Basel. (Foto: ©2021 ProLitteris, Zürich)

«Mich fasziniert diese vielfältige Frau», sagt Martina Kuoni. Sie hat sich in den letzten anderthalb Jahren intensiv mit Ré Soupault befasst, nämlich als Co-Kuratorin der Ausstellung über die Künstlerin.

Diese ist als Meta Erna Niemeyer 1901 in Pommern geboren und erfindet sich als Ré Soupault in ihrem Leben mehr als einmal neu. Die Bauhaus-Schülerin wird Teil der Avantgarde in Berlin, Mode-Designerin in Paris, Fotografin in Tunis, Journalistin in New York – und landet schliesslich in Basel, wo sie als Übersetzerin und Radio-Essayistin arbeitet. «Sie wirkt kontrolliert, eher kühl und streng mit sich selber – und dies, obwohl sie sehr produktiv war», erzählt Kuoni.

Ré Soupault fotografiert 1939 in Tunesien.
Ré Soupault 1939 in Tunesien. (Foto: zVg, © Manfred Metzner)

Übersetzen und berichten

Zwischen 1948 und 1958 lebt Soupault an mindestens acht verschiedenen Basler Adressen, die erste ist die Mansarde der Schriftstellerin Lisa Tetzner am Unteren Rheinweg. «Als Ré Soupault nach Basel kam, ging es ihr sowohl seelisch als auch materiell schlecht, nachdem sich ihr Mann Philippe wegen einer jüngeren Frau von ihr getrennt hatte», weiss die Kuratorin. «Wohl auch deswegen konnte sie Basel scheinbar nie wirklich schätzen.» Nichtsdestotrotz bedeutet die Zeit, die Soupault hier verbringt, einen Wendepunkt in ihrem Leben: Hier erarbeitet sie sich eine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit und profiliert als Übersetzerin und Radiojournalistin. Mitte Mai 1948 – wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Basel Ende März – schreibt sie in einem Brief an Lisa Tetzner: «Ich liebe dies Zimmer jetzt sehr … Ja, Basel war schon richtig.»

Die erste Übersetzung von Ré Soupault ist Romain Rollands Aus meinem Leben, die 1949 erscheint. Ab 1948 arbeitet sie an der Übertragung ins Deutsche von Rollands Journal des années de guerre 1914 – 1919, welches dieser der Universitätsbibliothek Basel vermacht hatte.

Ebenda findet die Ausstellung zu Soupaults Ehren statt, die am 20. Mai eröffnet. Sie zeigt alle Bereiche ihres Lebens und Schaffens. Bisher unveröffentlichte Manuskripte, Korrespondenzen und Fotos aus ihrem Nachlass widerspiegeln ihre Arbeitsweise und ihre Zeit in Basel. In ausgewählten Passagen aus Radiobeiträgen ist Soupaults Stimme zu hören.

Vielfältiges Werk

Auch Soupaults Wirken als Avantgardekünstlerin ist Teil der Ausstellung, die Interessierten bis Mitte September offensteht. Zu sehen ist etwa der achtminütige abstrakte Film Symphonie diagonale. Ré Soupault hatte 1923/24 dem schwedischen Dadaisten und Experimentalfilmer Viking Eggeling die technische Umsetzung des Films ermöglicht.

 Vier Trageweisen von Ré Soupaults Transformationskleid.
Praktische Mode: Ré Soupaults Transformationskleid. (Foto: Kunsthalle Mannheim)

Geprägt von der Avantgarde ist auch Soupaults fotografisches Werk, das ab 1934 entsteht. Auf ihren Reisen in Europa, Nordafrika und den USA entstehen Fotoreportagen, die immer wieder Benachteiligte ins Bild rücken. In Tunis gelingt es ihr beispielsweise, die Frauen im «Quartier réservé» zu porträtieren. Seit der Wiederentdeckung der zunächst verloren geglaubten Fotonegative wird Ré Soupault als bedeutende Fotografin gewürdigt.

Auch als Modejournalistin arbeitet Soupault ab Mitte der 1920er-Jahre, vor allem für «Sport im Bild». 1931 gründet sie in Paris ihr eigenes Modeatelier «Ré-Sport». Mode sollte für sie nicht nur chic, sondern auch praktisch sein. Ihr Transformationskleid lässt sich mit wenigen Handgriffen vom Bürokostüm in ein Cocktail- oder Abendkleid verwandeln. Zwei Varianten davon sind in der Ausstellung zu sehen.

Ré Soupault zeige in allem, was die anpackte, eine grosse Begabung, sagt Martina Kuoni. «Als Künstlerin scheint sie sich aber nicht verstanden zu haben.»

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