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Das richtige Milieu für die Bekämpfung von Tumoren

Die Krebsimmuntherapie wird erfolgreich in der Onkologie eingesetzt, funktioniert aber nicht immer bei allen Patienten. Ein mögliches Problem ist der Mangel einer bestimmten Art von Immunzellen im Tumor, wie Forschende des Departements Biomedizin der Universität Basel herausgefunden haben. Durch einen Signalstoff ist es ihnen gelungen, diese Funktion teilweise therapeutisch zu ersetzen. So lassen sich möglicherweise Resistenzen gegen die Krebsimmuntherapie überwinden.

14. Juli 2022

Als eines der wirksamsten Mittel bei der Behandlung von Krebserkrankungen hat sich in den letzten Jahren die Krebsimmuntherapie erwiesen, die das körpereigene Immunsystem beim Vernichten von Tumoren unterstützt. Allerdings sprechen nicht alle Betroffenen gleich gut darauf an und manche entwickeln im Laufe der Behandlung eine Resistenz. «Wir wollen deshalb die Barrieren für die Krebsimmuntherapie identifizieren und Methoden entwickeln, diese zu umgehen», sagt Prof. Dr. Alfred Zippelius, Forschungsgruppenleiter am Departement Biomedizin der Universität Basel und stellvertretender Chefarzt Onkologie des Universitätsspitals Basel.

Visualisierung von aktivierten Immunzellen
Die Krebsimmuntherapie spricht an: Visualisierung von aktivierten Immunzellen, die in Tumoren mit hohen CCL5 Level interagieren (Foto: zvg).

Über die erfolgreiche Umsetzung dieses Ansatzes berichtet eine aktuelle Studie seiner Forschungsgruppe, die soeben als Titelgeschichte in der Fachzeitschrift «Science Translational Medicine» erschienen ist. Darin identifizieren die Forschenden einen wichtigen Faktor für die Krebsimmuntherapie und stellen eine Methode vor, diesen in die Mikroumgebung des Tumors einzuschleusen. Die Studie erfolgte in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich im Rahmen eines Sinergia Grants des Schweizerischen Nationalfonds.

Lockstoff für Immunzellen

In ihrer Arbeit richteten die Forschenden ihr Augenmerk zunächst auf eine Untergruppe von natürlichen Killerzellen im Tumorgewebe, denen bisher wenig Bedeutung zugemessen wurde. Die Versuche zeigten, dass diese einen Signalstoff produzieren, das sogenannte Chemokin CCL5. Ein Mangel an diesen Killerzellen im Tumorgewebe – und somit ein Mangel an CCL5 – verschlechterte die Wirksamkeit der Krebsimmuntherapie deutlich, wie die Forschenden durch Experimente an Mäusen sowie Tumorgewebe von Krebspatienten nachwiesen.

Der Grund dafür: CCL5 spielt eine wichtige Rolle in der Kaskade, die eine Immunabwehr in den Tumorzellen auslöst. Es lockt dendritische Immunzellen an, die Krebszellen erkennen und für die Vernichtung markieren. «Das Chemokin CCL5 produziert im Tumor ein Milieu, das eine effektive Immuntherapie ermöglicht», so Zippelius.

Basierend auf dieser Erkenntnis entwickelte das Team eine Methode, um den Mangel an CCL5 in Tumoren auszugleichen. Sie bauten das Gen dafür in ein Adenovirus ein, das für Menschen harmlos ist. Auf der Oberfläche des Virus befinden sich Rezeptoren, die das Virus gezielt zum Tumor lenken. Dort angekommen, wird das Gen abgelesen und CCL5 über längere Zeit in der lokalen Umgebung des Tumors produziert. Wie Analysen in Mäusen und menschlichen Tumormodellen zeigten, infiltrierten dadurch vermehrt dendritische Immunzellen den Tumor und die Immuntherapie schlug besser an.

Weiterentwicklung in Start-up-Unternehmen

«Das Chemokin CCL5 hat also das Potenzial, resistente Tumore in Tumore umzuwandeln, die auf eine Immuntherapie ansprechen», sagt die Erstautorin der Studie, die Molekularmedizinerin Dr. Nicole Kirchhammer. In dem im letzten Jahr gegründeten Basler Start-up-Unternehmen Vector BioPharma AG arbeitet sie nun daran, die Adenovirus-Plattform für die Anwendung in der Klinik weiterzuentwickeln.

Die Methode soll in der Umgebung des Tumors die richtige Zusammensetzung von Immunzellen und Signalstoffen erzeugen, damit die Immuntherapie optimal funktioniert. «Solche kombinierten Ansätze sind wahrscheinlich die Zukunft der Krebstherapie», so Kirchhammer.


Originalpublikation

Nicole Kirchhammer et al.
NK cells with tissue-resident traits shape response to immunotherapy by inducing adaptive anti-tumor immunity.
Science Translational Medicine (2022), doi: 10.1126/scitranslmed.abm9043

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